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Sechs Wochen Guatemala (14.7. - 25.8.05)

1.  Vorbereitung

Nach meinem Abitur wollte ich erst mal ins Ausland reisen und einen freiwilligen Dienst leisten. Auf Guatemala wurde ich durch die Internetseite der Nothelfergemeinschaft der Freunde aufmerksam. Dort wurde eine Tierstation im Regenwald angepriesen und entsprach damit meinen Vorstellungen.

 

Daraufhin habe ich mich beim NdF beworben. Vom NdF wurde mir eine Sprachschule in Xela vermittelt, das Reisebüro „Lisa Möller“ in Berlin empfohlen, sowie der Kontakt zu einer Ehemaligen hergestellt, die selbst für neun Monate in Guatemala war.

 

Sie konnte mir einiges über das Land und die Leute erzählen. Sie hat mir auch schöne Bilder gezeigt, die Lust machten, endlich selbst loszufliegen. Als Reiseführer kann ich den Lonely Planet über Guatemala sehr empfehlen. Er hat mir beim Umherreisen sehr geholfen, da er zum Beispiel einen Großteil der Busabfahrtszeiten und Karten der einzelnen Städte beinhaltet.

 

Um einiges musste ich mich noch selbst kümmern, so stellten sich mir viele Fragen, wie: Welche Impfungen benötige ich? Brauche ich ein Visum? Welches Klima erwartet mich? Wie sieht es mit der Kriminalität und der Mentalität der Menschen in Guatemala aus? Und welches Zahlungsmittel empfiehlt sich?

 

Man findet viele Antworten darauf im Internet, aber nicht nur dort: Das Institut für Tropenkrankheiten in Berlin erstellt einem für 12€ ein Profil des Impfschutzes entsprechend des Landes und der Aktivitäten, denen man dort nachgeht. Das Auswärtige Amt liefert umfangreiche Länderinformationen, sowie Infos zum Visum. Meine Sparkasse konnte mich gut beraten, was Kreditkarte, Traveller Checks und Geldautomaten betrifft.

 

Das Reisebüro konnte mir einen relativ preisgünstigen Flugplan (fast 1000€) erstellen, obwohl ich mich zu dem Freiwilligeneinsatz relativ kurzfristig entschieden habe. Der Flugplan war mitunter sehr knapp bemessen, so hätte ich zweimal fast den Anschlussflug verpasst.

 

Kurz vor der Abreise hatte ich Herrn Flemig von der NdF gebeten mich bei der Sprachschule anzumelden.

 

Und plötzlich ging es auch schon los!

 

2.  Aufbruch

Sehr nervös und ohne jegliche Spanischkenntnisse betrat ich am 14. Juli 05 den Flieger in Richtung Guatemala. Das Hotel Holiday Inn mit Flughafen-Shuttle-Service (50$ die Nacht mit Frühstück) wurde mir von dem Reisebüro noch vermittelt, sodass ich immerhin wusste, wo ich meine erste Nacht in Guatemala verbringe.

 

Aufgrund von Nervosität und Straßenlärm wachte ich schon früh in meinem Hotelzimmer auf und gewann meinen ersten Eindruck von Guatemala City. Beim Blick aus dem Fenster sah ich viele Autos und Smog-bedingte graue Luft. Es sah nicht so aus, wie ich mir ein Entwicklungsland vorstellte.

 

Beim Frühstück ist mir schon die Freundlichkeit der Guatemalteken aufgefallen. Das Hotel holte mir ein Taxi, das mich zu einer Busstation fuhr. Von dort aus fuhr ich mit einem gehobenem Reisebus nach Xela (= Quetzaltenango). Nach 4 ½ Stunden Fahrt für 205 km kam ich in Xela an. Da ich nicht wusste wo ich mich in dieser Stadt nun befand, bin ich in ein weiteres Taxi eingestiegen und habe dem Fahrer die Adresse meiner Sprachschule gegeben. Ohne Spanischkenntnisse versucht man sich anders zu erklären. Der Fahrer hat mich dann fast bis zur Tür gefahren.

 

3. Sprachschule

Für die Sprachschule kam ich etwas überraschend und ich hatte Glück, dass ein Mädchen Nachmittagsunterricht hatte, denn ich kam erst gegen 16 Uhr an. Oft ist dann schon niemand mehr in der Schule. Dennoch wurde ich sehr nett begrüßt und man schien sich über mich zu freuen. Glücklicherweise war auch ein englischsprachiger Betreuer dort. Das ist aber nicht der Normalfall. Nachdem sie meine Personalien aufgenommen haben, wurde eine Familie angerufen und die Tochter meiner Gastfamilie kam mich abholen. Aber dazu unter viertens mehr.

 

Also während dem Aufenthalt in der Sprachschule wohnt man in einer Gastfamilie und bekommt dort auch Vollverpflegung außer Sonntags. Eine Woche kostet 120$, davon bekommt die Gastfamilie 30$. Die Sprachschule versucht immer ihren Schülern Einzelunterricht zu ermöglichen, aber das hängt auch von der Schülerstärke ab.

 

Die Lehrer sind allesamt sehr nett. Die LehrerInnen sind in ihrer Lehrweise unterschieden, passen sich aber auch den Bedürfnissen ihrer Schüler an. Bei mir ging es vor allem um das Sprechen und die grundlegendste Grammatik zu kennen. Der Unterricht kann sowohl vormittags als auch nachmittags stattfinden. Zu dem bekommt man Hausaufgaben auf, wie Vokabeln lernen oder etwas zu einem Thema aus den Zeitungen recherchieren. Neben Spanisch kann man in der Sprachschule auch die Maya-Sprache Quiché lernen.

 

Zusätzlich gibt es nachmittags und Samstag diverse Aktivitäten. Wie z.B. Kochen, Ausflüge, Filme schauen oder Diskussionen. In den Pausen wird gemeinschaftlich gequatscht, Kekse gegessen oder auch getanzt.

 

Insgesamt habe ich an sechs Tagen Unterricht gehabt und meine Spanischkenntnisse haben danach immerhin ausgereicht, um mich mit dem Taxifahrer zu unterhalten.

 

Die Sprachschule vermittelt bei Interesse soziale Projekte in Xela, bei denen man arbeiten kann. Der Unterricht lässt sich damit gut vereinbaren. Die Sprachschule bietet auch Beratung: die Lehrer gehen im Notfall mit ihren Schülern zum Arzt, es gibt eine Stadtführung am Anfang, es ist immer ein Ansprechpartner vorhanden.

 

Mich hat man z.B. beraten, wie ich am besten zur Schildkrötenfarm bei Monterrico komme. Als besonderen Service (kostet aber), den man nutzen sollte, bietet die Schule einen Abholservice vom Flughafen an. Für die erste Nacht wird man in einem kostengünstigen Hotel in Guatemala City untergebracht und am nächsten Morgen bis nach Xela begleitet, bzw. in den richtigen Bus gesetzt und am Ziel abgeholt!

 

Kontakt: utinimit@amigo.net.gt

 

4. Die Gastfamilie

Da ich etwas überraschend kam, hat meine Familie schnell noch mein Zimmer einmal durchgewischt und das Bett gemacht. Währenddessen hat Paula (die Tochter) versucht etwas über meine Familie herauszufinden und hat von sich selbst etwas erzählt. Trotz Sprachbarriere war es sehr lustig. Am selben Abend saß ich mit der ganzen Familie noch zusammen. Ich habe ihnen Fotos aus Berlin und von meinen Freunden gezeigt, ihnen mein Gastgeschenk überreicht und mit einem ihrer Söhne auch Karten gespielt. Die Familie war stets an mir und dem Leben in Deutschland interessiert.

 

Meine Familie gehört wahrscheinlich zu den wohlhabenderen, so war ihre große Tochter zum Beispiel schon einmal in Deutschland zum Studieren. Das Haus entspricht zwar nicht europäischen Standards, ist aber dennoch sehr nett. Ich hatte mein eigenes Zimmer zur Straße. Das Bett war etwas zerschlissen, weshalb ich in meinem Schlafsack geschlafen habe. Die Häuser haben einen kleinen Innenhof, auf dem sich auch die Toilette sowie die Dusche befinden. Zum Duschen gab es Warmwasser. Meine Gastmutter hat dafür immer das Wasser in einem Kessel auf dem Dach angeheizt. Fließend Wasser gibt es in den Häusern, aber es ist kein Trinkwasser.

 

Nicht in allen Familien ist es gängig Toilettenpapier zu benutzen. Die kann man aber überall kaufen. Eine Umgewöhnung ist es auch, das Toilettenpapier in einen nebenstehenden Papierkorb zu werfen.

 

Zum Abendessen ist die einzige Zeit, in der die ganze Familie zusammensitzt. Da wird auch deutlich, dass der Vater Herr des Hauses ist. Nach dem Abendbrot hat mein Gastvater mitunter noch eine Stunde mit mir gesprochen hat, um meine Spanischkenntnisse zu verbessern. Das Essen sagte mir teilweise nicht zu, aber das ist sicherlich Geschmackssache.

 

Insgesamt waren alle Familienmitglieder bemüht und freundlich.

 

5. Xela/Quetzaltenango

Die Stadt heißt Quetzaltenango, weil es früher dort mal die meisten Quetzals gegeben hat. Der Quetzal ist eine Vogelart, bei der das Männchen einen sehr auffallend langen Federschwanz hat. Gleichzeitig ist die Art der Namensgeber für die guatemaltekische Währung: Quetzales.

 

Diese Stadt hat zwei Namen, weil die meisten Einwohner der Stadt Mayas sind. Xela ist also der Maya-Name. Durch diese Kultur hat die Stadt einen besonderen Charme. Der Tourismus ist noch nicht zu sehr ausgeprägt. Hingegen ist die Stadt ist bei jungen Erwachsenen sehr für Sprachreisen beliebt. Xela ist die zweitgrößte Stadt Guatemalas und ist durch deren gute Lage eine relativ wohlhabende Handelsstadt.

 

Die Sprachschule befindet sich in der Zona 1, dem Zentrum der Stadt. Tagsüber fühlt man sich in dem Stadtteil sehr wohl. Es gibt die verschiedensten Banken, einen großen Supermarkt, Bäckereien, einen großen Markt, Internetcafés, Restaurants (darunter McDonalds) und kleine Straßenhändler, die schönen selbstgemachten Schmuck und Stoffe verkaufen. Abends sollte man allerdings nicht allein umher laufen. Das gilt aber auch für jede andere Stadt Guatemalas.

 

6. Die Schildkröten-Brutstation

Die Schildkröten-Brutstation ist 7 km östlich von Monterrico. Man kann mit einem Bus oder Pick-ups dort hinfahren. Noch einen Kilometer weiter östlich befindet sich das kleine Örtchen Hawaii.

 

Die Unterbringung in den Betten der Station kostet pro Woche 50US$, dazu kommen noch einige Quetzales zur Selbstversorgung, denn Essen ist nicht mit inbegriffen. Die Grundnahrungsmittel, wie Cornflakes und Milch bekommt man in einem kleinen Shop in Hawaii. Als ich dort war (23.7-30.7.05) hat abends immer einer der Volunteers für die versammelte Gemeinschaft gekocht.

 

Ich war zu Beginn der Schildkrötennestzeit da, wodurch recht wenige Volunteers im Vergleich zu den Spitzenzeiten da waren und es gab auch nicht immer was zu tun. Meine Aufgaben waren, das Aufzeichnen von Wetterbedingungen, nächtliche und frühmorgentliche Strandpatrouillen und das Vergraben der gefundenen oder abgekauften Eier.

 

Die Faktoren, wie Luftfeuchtigkeit, Luft- und Bodentemperatur, Wolkenbedeckung, Windrichtung und –geschwindigkeit, Wasserstand und die Anzahl der Fischereiboote werden aufgezeichnet und dann mit der Anzahl der Gelege der Meeresschildkröten verglichen, um daraus besser abschätzen zu können, wann die Weibchen zur Eiablage aus dem Wasser kommen.

 

Auf Strandpatrouille gehen Zweiergruppen ohne Taschenlampen alle zwei Stunden los, um nach nistenden Weibchen Ausschau zu halten. Man steht dabei in Konkurrenz zu den Einheimischen, die ebenfalls auf die Schildkröten warten, weil sie deren Eier als Aphrodisiakum illegal auf Märkten verkaufen wollen. Findet man ein Weibchen, wartet man, bis sie ihre bis zu 100 Eier abgelegt hat und gräbt diese anschließend aus, um sie an einem sicheren Ort wieder einzugraben.

 

Die frühmorgentliche Patrouille dient dazu alle Spuren der Schildkröten zu zählen und anschließend zu verwischen. So bekommt man die Gesamtzahl der Schildkröten, die zum Nisten kamen. Im Kontakt mit den Einheimischen am Strand sollte man stets freundlich sein und sich erkundigen, ob sie denn schon das Glück hatten eine Kröte zu finden. Die nächste Frage bei einem Ja wäre, ob sie auch viele Eier gelegt hat. Wenn ja, sind die Einheimischen oft bereit ein Dutzend davon zu spenden. Im Gegenzug bekommen sie einen Schein, der ihnen den Verkauf der restlichen erlaubt. Dieses Verfahren ist von dem guatemaltekischen Staat so verabschiedet.

 

Zur Schildkrötenhochsaison, wenn alle Betten in der Station belegt sind, gibt es mehr Aufgaben, wie einen Lehrpfad am Strand zum Thema Schildkröten und Mangroven erstellen, man geht in eine Sprachschule in Monterrico und lehrt wissbegierigen Kindern und Erwachsenen Englisch oder versucht in Gesprächen die Einwohner vom Schutz der Schildkröten zu überzeugen. Dies ist auch schon gelungen. Nach dem Prinzip Ökotourismus bieten die einstigen Jäger nun Führungen für Touristen an.

 

Wer einen längeren Aufenthalt in Hawaii macht, wird sicherlich Freude an der Arbeit mit den Einheimischen finden und auch mehr Aufgaben im Bereich der Mangrovenwälder von Monterrico, wie Kartierungen machen können. Für mich war diese eine Woche die Schönste. Denn die Landschaft ist wunderschön: Auf der einen Seite schwarzer Strand mit warmem Meerwasser und Palmen und auf der anderen Seite ein Flussdelta mit Mangrovenwald.

 

Das Klima ist nichts für Leute mit schwachem Blutdruck, denn die Hitze (40°C im Schatten) und die hohe Luftfeuchtigkeit (bis zu 85%) können ganz schön anstrengend werden. Nachts kann man froh sein, wenn es „kälter“ als 25°C wird. Wichtig ist viel Mosquito-Spray für die Abende und ein Mosquitonetz für das Bett.

 

All das wird nebensächlich, wenn man nachts am Strand bei Mondschein und leuchtenden Gewitterwolken in weiter Ferne das erste Mal eine Schildkröte beobachten kann, wie sie ihre Eier in einem Loch ablegt und dann schnell wieder im Meer verschwindet.

 

7. Die Station in Flores

Das Wild Animal Center befindet sich mitten im nördlichen Regenwaldgebiet Guatemalas, nahe der Stadt Flores. Diese Station versucht Tiere, die von Märkten, Schmugglern und Familien stammen wieder auszuwildern.

 

Zuerst kommen sie in den Quarantänebereich, in dem sich die Volunteers um sie kümmern. Danach kommen die auszuwildernden Tiere in größere Freigehege. Dort sollen die Tiere nicht mehr in Menschenkontakt kommen und müssen sich selbstständig ihr Futter suchen. Betreuer des Parks überwachen diesen Schritt von einer kleinen Hütte aus außerhalb des Geheges. Der letzte Schritt ist dann das letztendliche Freilassen. Hauptaufgaben der Volunteers sind die Käfige in der Quarantäne zu säubern, das Futter vorzubereiten und dann die Tiere zu füttern.

 

Um sieben Uhr steht säubern und füttern der Tiere an, um 11 Uhr Käfige putzen, um 14 Uhr nochmals füttern, danach ist Feierabend. Das ist eine Menge Arbeit, die sehr anstrengend wird, wenn man nur zu dritt ist. Die Tierstation ist nicht nur von der Arbeitskraft abhängig, sondern auch von dem Geld, das die Volontäre mitbringen. Davon wird zum Beispiel das Futter für die Tiere gekauft oder Baumaterialien für Zäune.

 

Betreut werden in der Station verschiedene Tiere wie Eichhörnchen, südamerikanischer Nasenbären, Klammeraffen, Brüllaffen, Aras, andere Papageien, Tukane, Leoparden und Ozelots. Besonders liebenswert sind Tierbabys. Ich hatte das Glück mich um zwei Klammeraffenbabys kümmern zu können.

 

Die Unterkunft kostet 100US$ pro Woche inklusive drei Mahlzeiten. Das Volontärshaus befindet sich in dem geschützten nachwachsenden Regenwaldgebiet und bietet komfortable Schlafmöglichkeiten für 32 Personen. Man braucht noch ein Mosquitonetz gegen Mücken, Skorpione und Kakerlaken, ein Mückenspray und Klamotten, die dreckig werden können.

 

Als ich dort war, war der Generator kaputt, weshalb es keinen Strom gab. Wir waren sehr abhängig von unseren Taschenlampen und Kerzen. Es gibt streunende Hunde und eine Wildschweinmutter mit ihren Ferkeln hat sich an dem Abfallhaufen gelabt.

 

Insgesamt war die Reise nach Guatemala eine persönliche Herausforderung mit sehr schönen Eindrücken von der Landschaft, den Tieren und der positiven Einstellung der Guatemalteken. Es lohnt sich, sich nicht nur in den Projekten zu engagieren, sondern auch auf eigene Faust durch das Land zu Reisen. Die Impressionen, die ich bei meiner Vulkanbesteigung, auf den traditionellen Märkten, bei den Maya-Ruinen und in den Regenwald-Naturreservaten gesammelt habe, werden mir noch lange in Erinnerung bleiben.

 

 

Erfahrungsbericht von Jeannine Marquardt

Erfahrungsbericht zum Projekt in Hierba Buena

Bevor man als Freiwilliger nach Hierba Buena geht, sollte man sich bewusst machen, dass es sich bei diesem Projekt nicht unbedingt um ein einfaches handelt. Bei vielen Hilfsprojekten, wie z.B. das Arbeiten in einem Waisenhaus oder ähnliches, geht es vordergründig um das Lindern der ersten Not. Auf der anderen Seite stellen diese Projekte großteils keine Hilfe zur Selbsthilfe dar. Sobald das Projekt nicht mehr besteht oder der Freiwillige das Projekt verlassen hat, geht es den Leuten vor Ort oft schlechter, zumindest aber nicht besser als zuvor.

 

Im Gegensatz hierzu verfolgt das Projekt in Hierba Buena das Ziel, dass die Bewohner dieses Dorfes auch später, d.h. ohne Hilfe von Freiwilligen oder anderen Hilfsorganisationen, sich selbst ein besseres Leben schaffen können. Es geht darum, einem kleinen Ort in Guatemala dazu zu verhelfen, sich langfristig eigenständig zu entwickeln, und damit ein Vorbild zu sein für andere Dörfer in dieser Region oder u.U. sogar für die gesamte Region. Jeder kann sich daher denken, dass ein solches Projekt sehr langfristig läuft und auch nicht immer einfach zu handhaben ist. Auf den ersten Blick geht es den Leuten in Hierba Buena und in der Region nämlich ganz ordentlich, auch wenn der Lebensstandard natürlich nicht im Geringsten mit dem in Westeuropa zu vergleichen ist. Erst nach einiger Zeit wird einem bewusst, mit welchen langfristigen Problemen die Leute hier tatsächlich zu kämpfen haben, und es wird klar, welche Ziele mit dem Projekt in Hierba Buena verfolgt werden, nämlich die dauerhafte Entwicklung und Stabilisierung der (wirtschaftlichen) Lebensgrundlage dieser Menschen.

 

Für das Projekt in Hierba Buena ist es daher unbedingt notwendig, dass man bereits im Vorfeld das große Bild von Zentralamerika und Guatemala im Kopf hat. Man muss wissen, wo diese Leute herkommen, welche Geschichte sie erlebt haben und mit welchen Dingen sie zu kämpfen haben, bevor man verstehen kann, wo die Probleme liegen. Nur davon ausgehend kann man diesen Leuten als Freiwilliger dann wirklich helfen. Ich bin zugegebenerweise am Anfang mit wenig Information angereist, und habe es im Nachhinein bereut. Ich möchte daher zunächst in kurzer Form etwas „Background-Wissen“ geben, um anderen Freiwilligen den Einstieg in das Projekt zu erleichtern.

 

1.Hierba Buena in Guatemala, Guatemala in Zentralemerika

Zentralamerika wurde unabhängig von Spanien am 15. September 1821. Zentralamerika, das war damals Nicaragua, Costa Rica, Honduras, El Salvador und Guatemala (damals erstreckte sich Guatemala auch über das heutige Belize). Die fünf Staaten formierten sich für kurze Zeit unter dem Namen „Vereinigten Provinzen Mittelamerikas“, allerdings brach das Bündnis recht schnell wieder auseinander, und jede Nation ging daraufhin ihren eigenen Weg mit eigener Regierung. In Guatemala bestand bereits damals eine sehr ungerechte Gesellschaftsstruktur: Es gab auf der einen Seite die große Schicht der Maya, also die Ureinwohner Guatemalas. Sie lebten oft ausgegrenzt von den anderen Schichten und hatten keinen großen Besitz. Zum anderen gab es die „Mestizos“ (auch „Ladinos“ genannt), also Mischlinge zwischen den Maya und europäischen Rassen (die Einwohner Hierba Buenas sind ebenfalls Ladinos). Die dritte und kleinste Klasse waren die Weißen, eine elitäre Führungsschicht, die ein Großteil des Landes besaß und hauptsächlich Kaffee auf großen Fincas anbaute. Die Weißen ließen die Mayas und zu einem kleineren Teil die Mestizos auf ihren Feldern arbeiten und kamen durch diese Ausbeutung zu ihrem Reichtum. Die politische Führung Guatemalas ging so gut wie nie gegen die ungerechte Gesellschaftsstruktur vor, vielmehr unterstützte sie in vielen Fällen die Großgrundbesitzer und verschärfte dadurch die Ungerechtigkeit im Land.

 

Ab 1900 fassten zudem große Investoren aus den USA Fuß in Guatemala, wie z.B. die berühmte United Fruit Company, die hauptsächlich Bananen auf riesigen Ländereien anbaute. Auch heute agieren viele US-amerikanische Gesellschaften in Guatemala und produzieren auf riesigen Feldern Melonen, Tabak, Kaffee und auch weiterhin Bananen. Man kann sich vorstellen, dass diese Entwicklung die soziale Ungleichheit im Land weiter verstärkte.

 

In den 60er Jahren entluden sich die Spannungen schließlich in einem verheerenden Bürgerkrieg: Die arme Bevölkerung, die Maya und viele Mestizos kämpften für mehr Gerechtigkeit, gegen Ausbeutung, gegen Großgrundbesitzer und gegen die korrupte Regierung. Der Staat und das Militär hielten dagegen. Es bildeten sich Guerilla-Gruppen und der Krieg in Guatemala sollte über 30 Jahre lang dauern. Erst im Jahr 1996 wurden Friedensverträge geschlossen.

 

Es ist fraglich, was dieser lange Bürgerkrieg tatsächlich bewirkt hat, denn auch heute gehört die Landverteilung in Guatemala zu den ungerechtesten auf der ganzen Welt: 70% des fruchtbaren Landes gehören lediglich 3% der Bevölkerung, ebenso ungerecht ist Verteilung der Einkommen. Man kann sagen, dass es heute in Guatemala so gut wie keine Mittelschicht gibt: Entweder sind die Leute sehr arm, oder sie gehören zur reichen Elite, dazwischen gibt es oft nichts. Die Armut Guatemalas lässt sich an vielen Faktoren ablesen. Die UN schätzt, dass mehr als die Hälfte aller Guatemalteken unter der Armutsgrenze lebt. Der Monatslohn für viele Arbeiter in Guatemala beträgt gerade mal um die 150 US-Dollar. Viele dieser Arbeiter werden von US-amerikanischen Firmen auf großen Plantagen beschäftigt.  Ein weiteres Indiz für die Unterentwicklung ist, dass fast die Hälfte der Bevölkerung Guatemalas unter 15 Jahre alt ist (für Hierba Buena ist dies übrigens durchaus repräsentativ!).

 

 

 

Auch der Staat ist der Grund vieler Probleme in Guatemala: Normalerweise sollte dieser die Grundbedürfnisse für eine funktionierende Gesellschaft sicherstellen, wie z.B. eine geeignete Infrastruktur, Versorgung mit Elektrizität und Trinkwasser, Bereitstellung von Schulen, Sicherstellung einer gesundheitlichen Versorgung, etc. Nur so ist es den Menschen im Land möglich, effektiv zu wirtschaften und sich dadurch „über Wasser“ zu halten. Leider sieht das in Guatemala, und speziell in den entlegenen Regionen sehr problematisch aus: Oft mussten und müssen die Bewohner dort selbst dafür sorgen, dass sie Dinge wie Elektrizität, Wasser und eine Strasse in die nächsten Stadt bekommen (so war es auch in Hierba Buena). Wie aber sollen sie sich um all das kümmern und gleichzeitig ihre Arbeit verfolgen, welche ihnen ihr Einkommen bringt?


2.Das Dorf Hierba Buena und das Leben im Dorf

Lage Hierba Buena

Hierba Buena ist ein winziges Dorf und liegt zwischen den beiden größeren Städten Zacapa und Chiquimula in den Bergen auf ca. 1.600 m Höhe (trotz der Höhe ist es nicht kalt in Hierba Buena, siehe „Praktische Tipps“). Die Region um Hierba Buena ist geprägt durch viele kleine und kleinste Dörfer. Das nächste dieser kleinen Dörfer ist etwa einen 40-minütigen Fußmarsch entfernt (ca. 3 Kilometer). Da die Strassen aber eher Erdwegen ähneln, kann man sagen, dass Hierba Buena doch recht abgelegen von allem anderen ist.

Familienverhältnisse im Dorf

Das Dorf selbst besteht aus ca. 10 verstreuten Häusern, in denen jeweils eine große Familie lebt. Das Wort Familie ist aber eigentlich irreführend, denn alle in Hierba Buena gehören zur gleichen Familie: María und Benito Augustín-Lopez sind die Großeltern und haben insgesamt über 12 Kinder in die Welt gesetzt, von denen sich die meisten mit ihrem Ehepartner erneut in Hierba Buena niedergelassen und eine „neue“ Familie gegründet haben. Dennoch – und das ist interessant – wirtschaftet jedes Haus für sich alleine. Manchmal hat man den Eindruck, dass sich die Leute gegenseitig eher wie Nachbarn sehen, obwohl es sich streng genommen um Brüder und Schwestern oder um Schwager, etc. handelt. Man merkt dies z.B. auch daran, dass teilweise die Leute innerhalb der eigenen Familie das „Sie“ anstatt das „Du“ verwenden. Ebenso streng getrennt wird das wirtschaftliche Einkommen: Obwohl ursprünglich das ganze Land, das den Leuten in Hierba Buena zur Verfügung steht, von Benito gekauft wurde, hat jedes Haus ein klar abgetrenntes Feld, und muss teilweise an den Vater auch Abgaben leisten. Wenn man etwas darüber nachdenkt, kann man diese „Familien-Organisation“ der Leute jedoch verstehen: Gehören sowieso alle Einwohner eines Dorfes und somit fast alle Menschen, mit denen man im Alltag zu tun hat, zur gleichen Familie, dann ist es nur eine natürlich Reaktion, dass jedes Haus sich auf diese Weise eine gewisse Privatsphäre schafft. 

 

 

Auf der anderen Seite sind die menschlichen Verbindung innerhalb der Familie sehr stark. Ständig kommen Cousins und Cousinen, andere Brüder und Schwestern und sonstige Familienmitglieder aus anderen Regionen Guatemalas zu Besuch. In dieser Hinsicht wird die Familie sehr gepflegt und hat wohl einen weitaus höheren Stellenwert als in Deutschland, auch wenn in wirtschaftlicher Hinsicht jede Familie für sich selbst verantwortlich ist.

 

 

Das Leben im Dorf

Im Dorf gibt es elektrischen Strom (die dafür notwendigen Stromkabel haben die Bewohner Hierba Buenas wie oben erwähnt selbst ins Dorf verlegt), Wasser aus einem klaren Gebirgsbach (ein abenteuerliches Rohrsystem leitet das Wasser zu den Bewohnern) und in den meisten Häusern auch Fernsehen, Radio, Telefon, ebenso sanitäre Einrichtungen wie Dusche und WC. Wenn man das liest, könnte man denken, dass die Leute ähnlich leben wie wir, aber das ist natürlich nicht so: Die Häuser sind sehr einfach gebaut, teilweise mit Lehm und sandigem Boden, teilweise mit etwas solideren Steinen, Kacheln auf dem Boden und Wellblechdach. Die elektronischen Geräte sind fast durchweg sehr alt und würden bei uns wohl eher auf Flohmärkten angeboten werden.

Wie bereits im ersten Abschnitt erwähnt, leiden die Leute in Hierba Buena keine akute Not. Alle haben genügend zu essen, und ältere Frauen und Männer können sich auch den einen oder anderen Luxus leisten, wie z.B. Uhren oder Schmuck. Auch Handys gibt es im Dorf, allerdings sind diese eigentlich immer durch Verwandte in den USA finanziert worden (dazu später mehr). Die Probleme der Menschen hier beziehen sich eher auf andere Dinge. Das Leben in Hierba Buena ist auf sehr dünnem Eis gebaut: Oft reicht bereits eine längere Krankheit eines Familienmitglieds oder ein Ernteausfall aus, um die gesamte Familie in Existenznot zu bringen. Ebenso wenig ist genügend Geld vorhanden, um die Kinder auf weiterführende Schulen zu schicken, wodurch sie bessere Voraussetzung hätten, um im harten Überlebenskampf in Guatemala zu bestehen. Am Anfang wunderte ich mich darüber, dass in fast jedem Haus ein Handy existiert. Ich denke, dass es das übliche Laster vieler armer Menschen ist, dass sie sich oft „unnütze“ Dinge kaufen, obwohl sie das Geld besser anlegen könnten. Das liegt wohl daran, dass die Versuchung, sich kurzfristig einen Luxusartikel zu gönnen, größer ist, als das Geld jahrelang anzuhäufen, um sich dann in entfernter Zukunft vielleicht einmal eine der lohnenden großen Sachen (wie z.B. ein besseres Haus, Ausbildung für die Kinder, etc.) leisten zu können.

 

 

Die Bewohner Hierba Buenas sind Bauern und die Rollen sind klar zwischen Männer, Frauen und Kindern verteilt. Männer arbeiten auf dem Feld und sind verantwortlich für alle groben Arbeiten. Morgens gehen sie teilweise schon sehr früh auf ihre Felder und bleiben dort je nach Jahreszeit und Anbau-/ Erntezeit den halben oder auch den ganzen Tag. Angepflanzt werden drei Dinge: Mais (zum Selbstverzehr), Bohnen (zum Selbstverzehr und teilweise zum Verkauf) und Kaffee (ausschließlich für den Verkauf). Das Arbeiten auf dem Feld findet ohne jegliche modernen Maschinen (Traktoren,...) statt. Abgesehen davon, dass sie viel zu teuer für die Menschen hier wären, sind sie aufgrund des starken Gefälles auf den Feldern auch überhaupt nicht einsetzbar. Die Anbaumethoden auf dem Feld gleichen also eher mittelalterlichen Arbeitsweisen.

 

Frauen sind verantwortlich für die Erziehung der Kinder und für den Haushalt, sowie für die Verarbeitung der Ernteprodukte. Männer stehen in dieser Ordnung klar über Frauen, und Frauen fügen sich in ihre Rolle ein. Deutlich merkt man das beispielsweise beim Essen, welches eigentlich fast nie gemeinsam eingenommen wird: Zunächst essen die Männer, danach erst die Frauen. Bei Kindern kommt es bereits ab einem frühen Alter darauf an, ob sie Jungen oder Mädchen sind. Entsprechend werden sie von ihren Familien auch bei den Familienaufgaben „eingesetzt“. Als Freiwilliger wird man jedoch natürlich nicht in diese Rollen gesteckt. Vielmehr ist man für alle etwas besonderes und kann natürlich auch als Frau auf dem Feld arbeiten oder die Leute bei ihrer Planung der Zukunft beraten.

Die Schule und die Kirche

In Hierba Buena gibt es außer den Wohnhäusern auch noch eine Grundschule mit Kindergarten und eine Kirche.

Die Schule war meiner Meinung nach relativ perfekt mit Material ausgestattet. Der Lehrer erzählte mir, dass nationale Bildungsfonds diese Schule in Hierba Buena mit Büchern, Schreibmaterial und anderem Lehrmaterial versorgen. Leider haben sie dabei nicht an die Lehrkraft selbst gedacht, die im Endeffekt dafür verantwortlich ist, dass der Unterricht trotz toller Bücher und guter Materialien qualitativ sehr schlecht ist. Vielleicht lag es allerdings auch daran, dass während meiner Zeit in Hierba Buena ein Ersatzlehrer anwesend war, der den eigentlichen Lehrer für ein Jahr vertrat. Allerdings hätte es auch ein guter Lehrer schwer, einen konsequenten und qualitativ hohen Unterricht durchzuführen, da er alleine für insgesamt 6 Schulklassen (mit jeweils etwa 4  Kindern pro Schulklasse) verantwortlich ist. Für zukünftige Freiwillige in Hierba Buena ist daher die Schule sicherlich eine gute Möglichkeit, sich sinnvoll einzubringen, beispielsweise indem man den Unterricht für einige Klassen zeitweise übernimmt (gutes Spanisch ist natürlich Voraussetzung hierfür).

 

Eine weiterführende Schule gibt es in Hierba Buena – wie bereits erwähnt – nicht. Für die Kinder bedeutet dies, dass ihr Bildungsweg fast ausnahmslos nach der Grundschule bereits beendet ist. Hierba Buena ist nicht durch tägliche Transportmittel (die Pick-up-Trucks) mit den größeren Städten wie Chiquimula oder Zacapa verbunden, wie es in anderen Dörfern in der Region teilweise der Fall ist. In diesen Dörfern können daher die Kinder auch weiterführende Schulen besuchen und gleichzeitig bei den Eltern wohnen bleiben. In Hierba Buena hingegen müssten die Kinder in eine andere Stadt ziehen, was mit zusätzlichen Wohnungs- und Lebenshaltungskosten verbunden wären. Fast keine Familie in Hierba Buena kann sich das leisten. Man sieht auch an dieser Stelle, wie wichtig eine gute Infrastruktur für die Entwicklung ist, denn Bildung ist Grundvoraussetzung für Entwicklung, und ohne Infrastruktur und Straßen gibt es für Kinder in Hierba Buena keine weiterführende Bildung. Hierba Buena liefert das beste Beispiel dafür, dass Bildung immens wichtig ist: Die Kooperative, die ein Lichtblick der Entwicklung für diese Menschen ist, wurde damals von Vitalino und Dora gegründet, den einzigen Kindern von Benito und Maria, die eine Ausbildung in der Schule genießen konnten.

 

Die Kirche und Religion (römisch-katholisch) hat in Hierba Buena einen sehr hohen Stellenwert. Der Sonntag beispielsweise ist voll und ganz von der Kirche geprägt. Auch finden sich die Bewohner oft unter der Woche in der Kirche ein, um Rosenkränze zu beten oder eine Abendandacht zu halten. Vielleicht gerade weil es ihnen wirtschaftlich nicht rosig geht, sehen die Menschen ihre Hoffnung in Gott und vertrauen darauf, dass er sie durch das Leben führen wird. Trotz ihres tiefen Glaubens sind die Menschen in Hierba Buena offen gegenüber anderen Glaubensrichtungen bzw. verstehen es, falls für andere Menschen die Religion einen geringeren Stellenwert hat (als Freiwilliger muss man also bezüglich der Religion keine Angst haben, dass es Spannungen gibt).

Hierba Buena und die Vereinigten Staaten von Amerika

Für die Bauern in Hierba Buena und der umliegenden Region ist es sehr schwer, ihre wirtschaftliche Situation und ihr Leben allein durch die Arbeit in Guatemala zu verbessern. Viele Familienväter wissen häufig nicht, wie sie ihrer Frau und den Kindern ein eigenes Dach über dem Kopf bauen sollen, oder wie sie für die laufenden Lebenskosten aufkommen können. Oft sehen sie nur einen Ausweg, und das ist die illegale Einwanderung in die USA. Jedes Jahr sind es Abertausende aus Zentral- und Südamerika, die diesen Weg gehen, und auch in Hierba Buena ist es nicht anders. In jedem Haus gibt es zumindest eine Person, die entweder gerade illegal in den USA arbeitet, oder dort gearbeitet hat. Das Geld, das dort verdient wird, wird nach Hause geschickt, um den daheim gebliebenen ein besseres Leben zu ermöglichen.

 

Während meines Aufenthaltes in Hierba Buena habe ich viele dieser Geschichten gehört: Oft nehmen die verzweifelten Männer die Dienste eines „Coyoten“ in Anspruch, der ca. 4.000 US-Dollar dafür kassiert, um sie über Mexiko bis in die USA zu bringen. Wenn man bedenkt, dass die meisten der Leute in Hierba Buena überhaupt kein geregeltes Einkommen haben, ist diese Summe enorm. Selbst bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 150 US-Dollar (absolut realistisch für Guatemala), sind das mehr als zwei Jahreseinkommen. Rechnet man das einmal auf durchschnittliche deutsche Lohntabellen um, dann wären das zwischen 50.000 und 60.000 Euro. Die Menschen müssen für die Bezahlung dieses Dienstes einen Kredit aufnehmen. Da die Bank nicht in Frage kommt, stehen hinter dem Darlehen meist dubiose private Kreditgeber, die Zinsen von 20-30% im Jahr nehmen. Man kann sich vorstellen, wie verzweifelt man sein muss, um unter solchen Konditionen dennoch den Weg in die USA zu nehmen, zumal in keiner Hinsicht sicher ist, dass man dort nicht von den Grenz-Patrouillen erwischt wird, oder im Land dann von der Polizei erfasst wird. V.a. die Jungen in Hierba Buena sehen dennoch größtenteils ihre Zukunft in den USA und nicht im Dorf.

 

In Hierba Buena gibt es viele zerrissene Familien und viele Kinder, die sich nicht mehr an ihre Väter erinnern können, die in die USA ausgewandert sind. Es ist offensichtlich, dass es in Bezug auf diese „Auswanderungs-wellen“ so wie jetzt nicht weitergehen kann. Die Kooperative in Hierba Buena versteht sich daher auch als Institution, die versucht, den Leuten eine Verdienstmöglichkeit zu Hause zu geben, so dass Väter und ältere Söhne nicht mehr auswandern müssen und Familien nicht mehr zerrissen werden.


3.Die Kooperative

Hierba Buena war früher ein Dorf wie viele andere auch. Die Bauern aus Hierba Buena betrieben Subsistenzwirtschaft, also wirtschaftliche Eigenversorgung: Der Mais und die Bohnen, die auf den Feldern angepflanzt wurden, reichten gerade aus, um die eigene Familie über das Jahr hinweg zu ernähren. Das Problem dabei war, dass die Leute im Prinzip keine Einkünfte aus dieser Wirtschaftsform hatten. Sie verfügten über kein Geld, um sich andere Dinge kaufen zu können. Da ihre Ernteprodukte Bohnen und Mais nicht besonders wertvoll sind, war es ihnen auch nicht möglich, über den Verkauf dieser Produkte zu einem guten Einkommen zu kommen.

 

In den 90er-Jahren waren viele Experten davon überzeugt, dass sogenannte „Cash-Crops“, also wertvollere Agrarprodukte wie Kaffee, Kakao oder Tee, den Bauern in ärmeren Ländern in Zukunft weitaus bessere Möglichkeiten bieten könnten, als die Produkte, die sie bis dahin anpflanzten. Kaffee beispielsweise erzielt auf dem Weltmarkt einen weitaus höheren Preis als Bohnen oder Mais, und kann von Bauern aus Guatemala nach Europa oder in die USA exportiert werden. Diese Strategie verfolgten auch Caritas und einige lokale Hilfsorganisationen aus Guatemala, die eines Tages die Region um Hierba Buena besuchten, um den Leuten dort zu empfehlen, auf ihren Feldern Kaffee anzubauen. Eine wichtige Rolle hierbei spielte ein Señor Mynor Gomez, der besonders eng mit den Leuten aus Hierba Buena zusammenarbeitete. Den Bauern wurde gezeigt, wie sie Kaffee anbauen können, wie die Pflanzen gepflegt werden, wie der Kaffee geerntet und danach weiterverarbeitet wird.

 

Bereits in dieser frühen Phase gab es immer wieder freiwillige Helfer, die den Leuten in Hierba Buena dabei halfen, den Plan vom Kaffeeanbau und -verkauf zu verwirklichen. Die ersten Freiwilligen bauten beispielsweise einen Lagerplatz aus Beton, der heute zum Trocknen der frisch geernteten Kaffeebohnen verwendet wird.

 

Kaffeeanbau ist im Vergleich zu den anderen traditionellen Anbauprodukten wie Bohnen und Mais sehr teuer. Es dauert relativ lange, bis aus den jungen Kaffeepflanzen große Stauden werden, die erst im dritten oder vierten Jahr genügend Früchte (also Kaffeebohnen) tragen. Es war daher bereits zu Anfang nicht einfach, die Leute in Hierba Buena von einem solch kostspieligen Projekt zu überzeugen. Auf der anderen Seite erzielt man mit Kaffee einen relativ hohen Preis im Vergleich zu den anderen Produkten, die in Hierba Buena angepflanzt werden.

Mit der Zeit wurde dennoch klar, dass sich der Kaffeeanbau für die Leute in Hierba Buena trotz der höheren erzielbaren Preise nicht wirklich lohnt. Der Grund dafür liegt darin, dass die Bauern ihre gesamte Kaffeeernte auf den lokalen Märkten in Chiquimula verkaufen. Da es sich hierbei um einen regionalen und etwas abgelegenen Markt handelt, agieren in Chiquimula viele Zwischenhändler. Diese kaufen Kaffee von verschiedenen Bauern, allerdings zahlen sie nur einen geringen Preis. Anschließend transportieren sie den Kaffee nach Guatemala City, wo die Lieferungen an Exporteure oder Röstereien verkauft werden, selbstverständlich zu einem weitaus höheren Preis, als der Kaffee ursprünglich von den Bauern abgekauft wurde.

 

Verschärft wurde diese Ausbeute durch den Preisverfall von Kaffee auf den Weltmärkten. In Guatemala wird heute für ein Pfund Kaffee weniger als die Hälfte gezahlt im Vergleich zu den Hochzeiten in den 90er-Jahren. Ebenso haben immer mehr Bauern in Guatemala damit begonnen, Kaffee anzubauen. Den einzelnen Bauern bleibt demnach nichts anderes übrig, als den niedrigen Preis des Zwischenhändlers zu akzeptieren, da die Konkurrenz sehr groß ist und der Zwischenhändler notfalls von anderen Bauern kaufen kann.

 

In Hierba Buena kamen daher die Menschen auf die Idee, eine Kooperative zu gründen, die den Bauern in der Region einen höheren Preis beim Verkauf des Kaffees ermöglichen soll. Die Idee ist, dass die Kooperative die Funktion des Zwischenhändlers übernimmt. Anstatt dass jeder Bauer also seine Ernteprodukte einzeln auf dem Markt in Chiquimula verkauft und dabei einen geringen Preis erzielt, will die Kooperative als solche den Kaffee oder auch andere Produkte der Bauern aufkaufen und anschließend die Ernte zu einem höheren Preis in Guatemala City oder anderen Zentren oder Exportmärkten verkaufen. Der höhere Preis würde anschließend an die Bauern weitergegeben werden, so dass also alle hiervon profitieren würden.

 

Man muss gleich vorweg sagen, dass es die Kooperative bisher noch nicht geschafft hat, ihr Vorhaben umzusetzen. Es gab und gibt nämlich einige Probleme bei der Sache: Erstens nehmen die Händler in den großen Zentren nur sehr große Erntemengen an, auf jeden Fall aber mehr, als das Dorf Hierba Buena alleine produzieren könnte. Die Kooperative müsste also von weiteren Bauern der Region Produkte aufkaufen, damit die Mindestmengen zum Verkauf erreicht werden. Gleichzeitig würden auch diese anderen Bauern von den höheren (Kaffee-)Preisen profitieren, die von der Kooperative erzielt werden könnten. Das Problem ist allerdings, dass die Menschen in Guatemala sehr misstrauisch gegenüber solchen Neuerungen sind. In Guatemala gab es immer Führungen, die den kleinen Leuten viel versprochen haben, aber am Ende nichts einhielten. Den Menschen fehlt daher das Vertrauen, ebenso wenig vertrauen sie daher einer Kooperative, wie sie in Hierba Buena gegründet wurde, auch wenn es sich bei den Gründern selbst um arme Bauern handelt. Der Kooperativenleiter hat also nur eine Möglichkeit, wie er die weiteren Bauern dazu bringen kann, ihre Ernten abzugeben, damit alles zusammen als große Menge in Guatemala City verkauft werden kann: Die Kooperative müsste die Bauern sofort für die Ernte bezahlen, d.h. also bevor sie selbst die Produkte in Guatemala City verkaufen kann. Das ist allerdings nicht möglich, da der Kooperative hierfür das notwendige Geld fehlt (man hat mir vorgerechnet, dass etwa € 30.000,- für den Aufkauf des Kaffees nötig wäre, eine enorme Summe für dortige Verhältnisse). Ebenso ist die Kooperative zu klein, um in dieser Größenordnung einen Kredit aufzunehmen.

 

Ein zweites Problem besteht in der schlechten Infrastruktur: Hierba Buena und die umliegenden Dörfer sind über die Straßen nur schwer zu erreichen, v.a. während der Regenzeit von Mai bis September. Die Menschen in Hierba Buena haben bereits mehrere Anträge an die zuständigen Verwaltungen gestellt, damit bessere Straßen gebaut werden, aber bisher mahlen die Mühlen der Administration sehr langsam und es wird wohl noch einige Zeit bauen, bis sich etwas tut. Ohne gute Straßen erschwert sich der Transport der Ernte nach Guatemala City erheblich, allerdings ist es trotzdem nicht unmöglich.

 

Ein weiteres Problem ist, dass die Menschen sich teilweise mit der Größenordnung des Projektes überfordert fühlen. Man muss bedenken, dass die meisten der Familien ein Jahreseinkommen unter € 1.000,- haben. Wenn nun auf einmal mit Summen von mehreren Zehntausend Euro jongliert wird, dann wird klar, dass die Leute oft schlucken müssen. Für sie sind es mehr als 30 Jahresgehälter, umgerechnet auf deutsche Lohntabellen entspräche das für uns einer Summe von ca. 0,7 Millionen Euro. Die Leute brauchen also Expertenunterstützung. Leider bekommen sie diese von nicht vielen Seiten: Zum einen steht ihnen der Begründer des Projektes zur Seite, Señor Mynor Gomez. Auf der anderen Seite besteht ein Kontakt zum nationalen Entwicklungsministerium. Beide Kontakte haben sich allerdings bisher nicht mit den Leuten aus Hierba Buena getroffen, um das Kaffeeprojekt genau durchzukalkulieren.

 

So langsam ist es aber an der Zeit, dass die Kooperative wenigstens in einem Jahr, also zum ersten Mal ihr Vorhaben umsetzt und die gesammelten Kaffee-Ernten aus der Region in Guatemala City verkauft. Persönlich bin ich mir sicher, dass die gegenüber der Kooperative bisher misstrauischen Bauern ihre Meinung ändern würden, sobald das Projekt zumindest einmal funktionieren würde. Denn wenn die Menschen sehen, dass das Projekt funktionieren kann, und dass die Kooperative tatsächlich einen höheren Kaffeepreis für alle erzielt, dann würden alle Bauern aus der Region ihre Unterstützung anbieten und einen dauerhaften Erfolg der Kooperative garantieren.

 

Die Kooperative hat und hatte viele gute Ideen: So bestehen zum Beispiel schon länger Pläne, den Kaffee, der in der Region übrigens organisch produziert wird, auf sogenannten „Fair-Trade-Märkten“ zu verkaufen. Eine Kontaktperson aus Chile gibt es hierfür bereits. Der „Fair-Trade-Kaffee“ landet bei uns in speziellen Dritte-Welt-Läden. Dadurch dass es sich um organisch produzierten Kaffee handelt, wird er zu einem höheren Preis verkauft, was im Endeffekt diesen Bauern zugute kommt.

 

Momentan sieht es aber leider eher danach aus, als würde sich die Kooperative in einem Teufelskreis bewegen, aus dem sie alleine nicht entfliehen kann: Zum einem ist es wie erwähnt bisher noch nie geglückt, die Ernte gemeinsam in Guatemala City abzusetzen. Viele Bauern werden daher von Jahr zu Jahr misstrauischer. Die Jugendlichen geben der Kooperative ebenfalls wenig Chancen und bereiten sich lieber auf ihre berufliche Zukunft als illegale Arbeiter in den USA vor. Gerade diese Jugendlichen aber sind es, welche die Kooperative so dringend benötigt. Denn sie können im Gegensatz zu ihren Eltern lesen, schreiben und rechnen – ein enormer Vorteil, wenn es darum geht, die Kooperative am Leben zu erhalten und zum Erfolg zu führen.

 

Natürlich macht auch der niedrige Kaffeepreis den Leuten zu schaffen. Dennoch sind die Aussichten für „Cash-Crops“ wie Kaffee nicht so düster, wie es manchmal ausgemalt wird. Viele Experten sehen langfristig eine Verbesserung der Preise für Rohstoffe und Agrargüter, v.a. wenn aufstrebende Nationen wie China und Indien eines Tages ihre Konsumlust für „Luxusgüter“ wie Kaffee entdecken werden. Der Kaffeepreis wird dann wieder steigen. Eines ist jedenfalls sicher: Obwohl die Kooperative momentan einen sehr schlechten Stand hat, würde es den Leuten in Hierba Buena ohne Kaffee eindeutig schlechter gehen, da somit nicht einmal die Hoffnung auf Verbesserung bestünde.


4.Die Aufgaben und das Leben eines Freiwilligen in Hierba Buena

Wenn man die obige Beschreibung der Kooperative gelesen hat, fragt man sich natürlich schnell, was man als Freiwilliger für diese Leute denn überhaupt erreichen kann. Sicherlich erfordern die meisten Probleme der Menschen aus Hierba Buena Lösungen, die außerhalb der Reichweite der meisten Freiwilligen liegen. Oft geht es aber bei solchen Projekten um den Willen – der Wille der Menschen wird letztendlich entscheiden, ob es das Projekt in Hierba Buena zum Erfolg bringt oder nicht. Auch wenn Freiwillige vielleicht nicht unmittelbar helfen können, sie werden auf jeden Fall dazu beitragen, dass sich die Menschen in Hierba Buena nicht vergessen vorkommen. Und sie können dazu beitragen, dem Projekt neuen Mut zu geben, so dass die Menschen nicht aufgeben, gerade jetzt, wo bereits ein so langer Weg gegangen wurde und einige Erfolge zu verzeichnen sind. Es gibt sicherlich Freiwillige, die auch die großen Probleme der Kooperative lösen können. Aber auch diejenigen freiwilligen Helfer, die das nicht können, haben eine große Aufgabe in Hierba Buena: Allein durch ihre Anwesenheit können sie Anstoß geben und die Leute daran erinnern, dass sie eine Aufgabe bezüglich der Kooperative haben.

 

Auch sonst kann man viele nützliche Dinge in Hierba Buena tun. Vor allem während der Saat- und Erntezeit können nicht genügend helfende Hände im Dorf sein, und auch unter dem Jahr ist man für jeden Helfer dankbar. Die Arbeit auf dem Feld ist sehr interessant, da man dadurch einen ziemlich guten Einblick in die tägliche Arbeit dieser Menschen erhält. Andere Einsatzmöglichkeiten für Freiwillige ist die Schule (wie oben bereits erwähnt). Dort könnte man z.B. die Betreuung der unteren Schulklassen für einige Zeit übernehmen, und dadurch die Qualität des Unterrichts erheblich steigern. Außerdem würde der Lehrer entlastet werden, der anderenfalls alleine für sechs Schulklassen verantwortlich ist.

 

Das Wichtige in Hierba Buena ist, dass man sich vorher bewusst macht, dass es sich hierbei um keinen geregelten Hilfseinsatz handelt: Man kann diesen Menschen auf verschiedenartige Weise helfen, aber es gibt keinen, der einem sagt, was man zu tun hat. Als Freiwilliger muss man daher selbst schauen, wo man helfen kann. Ich habe mich in Hierba Buena irgendwann dem Müllproblem angenommen, und dem Dorf eine kleine Müllgrube gebaut, wo sie nichtorganischen Abfall deponieren können (bisher wurde einfach alles in die Felder gekippt). Ich denke, dass jeder bereits nach ein paar Tagen merkt, wo Not am Mann ist, und sich dadurch sinnvoll einbringen kann.

 

Als Freiwilliger lebt man mit einer Familie und nimmt voll am Familien- und Dorfleben teil. Die Leute hier sind wahnsinnig nett, und man wird als Freiwilliger behandelt wie ein ganz besonderer Gast. Es ist manchmal etwas problematisch, da man bei so viel Nettigkeit schnell vergessen kann, wozu man eigentlich hier ist, nämlich um den Leuten zu helfen. Ich wurde beispielsweise oft dazu aufgefordert, mich nach dem Mittagessen auszuruhen, obwohl ich eigentlich zum „Mit-Anpacken“ in Hierba Buena war, und nicht zum Schlafen. Man muss sich daher oft selbst daran erinnern, dass man nicht an einem Schüleraustausch teilnimmt, sondern als Freiwilliger gekommen ist, um den Leuten hier zu helfen. 

 

Die Leute in Hierba Buena sind sehr offen für neue Ideen. Hat man einen Verbesserungs- oder Änderungsvorschlag, so hören sie sich diesen gerne an. Als Freiwilliger hat man also wirklich die Möglichkeit, Dinge im Dorf zu verändern und zu verbessern, die bisher vielleicht eher chaotisch oder unorganisiert abgelaufen sind. Und zu verbessern gibt es viel im Dorf, man muss nur den Mut haben, die Probleme beim Namen zu nennen. Wie gesagt sind aber die Menschen in Hierba Buena sehr offen für Verbesserungsvorschläge und setzen diese dann gemeinsam mit dem Freiwilligen auch gerne um.

 

Freiwillige, die länger in Hierba Buena bleiben, oder die es sich zutrauen, den Leuten bei der Durchplanung ihrer Projekte zu helfen, haben natürlich auch die Möglichkeit, die Kooperative direkt voranzubringen. Am Besten ist es dann, bereits im Vorfeld Kontakt mit Mynor Gomez und dem Kooperativenleiter aufzunehmen (wie man an die Telefonnummern und eMail-Adressen kommt, steht ganz am Ende dieses Berichts).


5.Praktische Tipps zum Projekt in Hierba Buena

Anfahrt nach Hierba Buena

Die Anfahrt nach Hierba Buena ist einfacher als man denken möchte. Ausgangspunkt ist Chiquimula, eine große Stadt im Osten Guatemalas. Busse nach Chiquimula fahren von allen größeren Städten, wie z.B. von Guatemala City, Antigua, Flores oder Puerto Barrios. Auch von Honduras kommt man über Copán schnell nach Chiquimula. In Chiquimula geht man anschließend zum Parque Central, dem Zentralpark. Um diesen Park herum findet der Markt statt, außerdem ist der Park Ankunfts- und Abfahrtsstelle für sämtliche Transporte in die umliegenden Dörfer. Die Route, die man als Freiwilliger nehmen muss, geht über die beiden Dörfer Sauce und Matazanos. Es gibt verschieden Kleinbusse und Pick-Ups, die von außen nicht als öffentliches Transportmittel gekennzeichnet sind, weil alles „Privatunternehmer“ sind. Es sind Bauern aus diesen Dörfern, die soviel Geld haben, dass sie sich einen Minibus oder einen Pick-Up-Truck leisten können, mit dem sie dann die Leute aus den Dörfern gegen Entgeld nach Chiquimula und zurück transportieren. Um nach Hierba Buena zu gelangen, muss man den Pick-Up nach Matazanos nehmen und dort aussteigen. Von Chiquimula aus fahren die Pick-Ups meistens ab 1 Uhr mittags los (manchmal muss man auch eine oder zwei Stunden warten). Am Besten man fragt die Leute am Parque Central, normalerweise weiß immer jemand etwas. Die Fahrt nach Matazanos dauert ca. 45 Minuten und kostete im September 2005 genau 8 Quetzales (ca. 80 Cent). Die Fahrer versuchen bei Ausländern oft, einen höheren Preis herauszuschlagen. Man sollte sich aber dabei nicht über den Tisch ziehen lassen. Hierba Buena liegt ungefähr 3 Kilometer von Matazanos entfernt. Am Besten ist es, wenn man die Leute aus Hierba Buena gleich im Vorfeld darüber informiert, an welchem Tag und zu welcher ungefähren Uhrzeit man ankommt. Sie werden es dann einrichten, dass einer aus dem Dorf kommt, um den Freiwilligen in Matazanos abzuholen, u.U. auch aus Chiquimula selbst.

Tipps für den Alltag im Dorf

Das Anpassen an das Leben im Dorf ist im Prinzip kein Problem. Die hygienischen Verhältnisse sind gut, auch wenn es natürlich nicht mit Europa zu vergleichen ist. Es gibt Toiletten und Möglichkeiten, sich zu duschen oder zu waschen. Auch die Häuser sind ordentlich, man muss also keine Angst vor Krankheiten aufgrund mangelnder Hygiene haben, auch wenn man in einem Dritte-Welt-Land natürlich immer auf das Thema Hygiene achten sollte.

Malaria gibt es übrigens in dieser Region überhaupt nicht, da die Mücken, welche die Malaria übertragen, in diesen Höhen nicht mehr anzutreffen sind. Ansonsten sollte man die normalen Impfempfehlungen einhalten, wie es aber bei Reisen ins Ausland immer der Fall ist.

 

Das Essen ist fast ausschließlich vegetarisch. Hauptnahrungsmittel sind natürlich Bohnen und Mais, und diese gibt es in den unterschiedlichsten, überraschendsten und leckersten Varianten. Gekocht wird auf – für deutsche Verhältnisse – mittelalterliche Weise, mit Holzofen-Herd und ohne Kühlschrank, etc. Das Wasser wird von den Bewohnern Hierba Buenas vor dem Trinken abgekocht, besonders bei den Freiwilligen achten sie natürlich besonders auf abgekochtes Wasser. Natürlich kann es immer mal vorkommen, dass man etwas Probleme mit dem Magen bekommt, aber im Normalfall hält es sich in Grenzen und ist nach einem Tag wieder vorbei. Außerdem ist dieses Problem sicherlich nicht auf Hierba Buena beschränkt, sondern grundsätzlich der Fall, wenn man als Europäer in ärmere Länder reist. Es ist sicherlich nicht falsch, für den Fall der Fälle entsprechende Medikamente mitzunehmen.

 

Die Regenzeit in dieser Region Guatemalas dauert von Mai bis September. Es regnet in diesen Monaten aber unregelmäßig, und meistens sind es kurze aber heftige Schauer am späten Abend oder in der Nacht. Tagsüber merkt man oft gar nichts von der Regenzeit und man würde sich aufgrund der knallenden Sonne wohl oft über mehr Regen am Tag freuen. Die Temperaturen sind relativ hoch, zudem ist es häufig schwül. Übrigens gibt es sonst nur sehr wenig jahreszeitliche Veränderungen, beispielsweise schwanken die Temperaturen zwischen Winter und Sommer nicht so stark wie bei uns.

 

Die Dämmerung verläuft in ganz Guatemala im Zeitraffer, da das Land so nahe am Äquator liegt. Meistens wird es ab 6 Uhr dunkel. Obwohl es tagsüber ziemlich heiß ist, kann es nachts schon mal etwas kühler werden, v.a. wenn es regnet. Mit einem Pulli oder einer dünnen Jacke ist man also bestens ausgerüstet. Tagsüber hingegen ist man froh, wenn man möglichst leichte Kleidung zum Anziehen dabei hat.

 

Für das Arbeiten auf dem Feld ist es außerdem nützlich, wenn man ein Paar alte Hosen und feste Schuhe mit sich führt (die Felder haben oft ein ziemlich starkes Gefälle). Übrigens benötigt man kein Fachwissen und auch keine große Übung, um den Leuten bei der Arbeit auf dem Feld zu helfen. Nach einer kurzen Einarbeitung ist es wohl jedem möglich, sinnvoll zu helfen. Auch wenn es aufgrund der Hitze vor allem in der Mittagszeit sehr anstrengend werden kann, macht die Arbeit Spaß, und man lernt im Gespräch nebenher viel über das Leben der Arbeiter. Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Leute umso offener und herzlicher werden und noch mehr aus ihrem Leben erzählen, sobald sie merken, dass man als Freiwilliger wirklich mithelfen möchte.

 

Viele Freiwillige kombinieren ihren Einsatz mit dem Wunsch, ihr Spanisch zu verbessern. Hierba Buena ist hierfür der optimale Ort, denn im Dorf spricht keiner Englisch, d.h. man ist als Freiwilliger dazu gezwungen, sein Spanisch zu üben. Dennoch sollte man bereits zuvor ein gewisses Niveau erreicht haben. Die Entwicklungsproblematik erfordert teilweise viel Kommunikation zwischen dem Freiwilligen und den Leuten im Dorf. Ebenso will man natürlich als Freiwilliger möglichst viel erfahren und wissen, wieso die Dinge so und nicht anders gemacht werden, oder wo die Probleme liegen. Hierfür sind gute Spanischkenntnisse notwendig, und man sollte im Vorfeld auf jeden Fall genug Zeit einplanen, um gut Spanisch zu lernen. Kontakte zu Sprachschulen in Guatemala gibt es über die Nothelfergemeinschaft.

 

Abschließend denke ich, dass es vor jedem Freiwilligeneinsatz gut wäre, wenn man sich im Vorfeld bei den Verantwortlichen meldet, um den persönlichen Kontakt herzustellen. Der Kooperativenführer im Dorf heißt Vitalino Augustín-Lopez, der Initiator des Projekts (der allerdings nicht in Hierba Buena wohnt) ist Mynor Gomez. Telefonnummern oder eMail-Adressen von beiden können bei der Nothelfergemeinschaft erfragt werden.

Falls es sonst irgendwelche Fragen gibt, kann ich gerne dazu Auskunft geben. Meine Kontaktdaten liegen ebenfalls bei der Nothelfergemeinschaft bereit.


Ingo Ehrle, tätig im Projekt in Hierba Buena im August/ September 2005

Erfahrungsbericht_Hierba_Buena.pdf

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1.0 M

Die Grundschule in Guatemala

Das Projekt

Mein Projekt war eine Grundschule in Guatemala. Da ich mich mit meiner Gastfamilie in Xela so gut verstand, entschied ich mich jeden Morgen nach Cantel zu pendeln. Es gibt zwei Klassenräume, die beide sehr dunkel und staubig sind. Zusätzlich trifft man ständig auf unerwartete Besucher (die Haus- und Hoftiere der Familie) woran sich allerdings jeder schnell gewöhnt hat.
 
Der kleinere Klassenraum beherbergt die erste Klasse, welche die Lehrerin Sonja für sich alleine beansprucht. Im zweiten Raum werden die anderen 23 Kinder unterrichtet, die den Klassenstufen zwei bis sechs zuzuordnen sind. Da es  unmöglich ist, sich mit allen fünf Gruppen gleichzeitig zu beschäftigen, müssen sich die Kinder den Großteil des Stoffes selber erarbeiten. Der oder die Freiwillige kann deswegen eine große Hilfe sein. Ich konnte den Kindern Aufgaben oder Sachverhalte erklären, die nicht verstanden wurden oder auch weitere Aufgaben verteilen. Außerdem war es schon wichtig die Kinder einfach nur zu beaufsichtigen, da sie sich sonst mit anderen Beschäftigungen ihre Zeit vertrieben.

Der Spanischunterricht besteht traurigerweise größtenteils aus abzeichnen der Buchstaben, was die Lesefähigkeit natürlich kaum steigert. Die Kinder weisen total unterschiedliche Lernniveaus. Die Mädchen haben sehr große Probleme mit selbständigem Denken und sind sehr viel langsamer im Lösen von Aufgaben.

 

Die Arbeit in der Schule ist keineswegs einfach und kann auch sehr unbefriedigend sein, da die Situation an sich so aussichtslos erscheint. Die Kinder zeigen wenig Interesse, sind oft sehr unkonzentriert und man merkt, daß Ansporn oder Druck von Seiten der Eltern nicht vorhanden sind.

 

Die Lehrerin ist oft machtlos. Gespräche mit den Eltern gab es angeblich immer wieder, blieben aber ohne Erfolg.

 
Finanziell geht es der Schule nicht besonders gut. Es gibt zwar Hefte, Bücher und Schreibmaterial, aber oft nicht genügend. Die dritte Klasse teilte sich zum Beispiel mit fünf Leuten ein Mathebuch.

 

Das größte Problem ist aber, daß die Anzahl der Lehrer von der Schüleranzahl abhängig gemacht wird so, daß es unmöglich gemacht wird eine dritte unbedingt notwendige Lehrkraft zu organisieren. Diese wird momentan notdürftig durch die Freiwilligen ersetzt. Das Wichtigste wäre allerdings, das Bewußtsein der Leute für Bildung und Bedeutung von Schule  zu öffnen. Die Kinder zeigen so wenig Neugier und Interesse für sämtliche Themen und tun sich so schwer mit selbständigem Denken. Mehrmals versuchte die Lehrerin alternativen Unterricht zu machen was aber auch nicht sehr erfolgreich war.

 

Fazit

Solchen Erlebnissen ist man als Freiwilliger ständig ausgesetzt. Trotzdem war es eine spannende und tolle Erfahrung und natürlich erlebt man auch viele positive Momente oder Fortschritte mit den Kindern, wenn diese etwas verstanden haben oder etwa umsetzen können. Es hat zum Beispiel total viel Spaß gebracht mit den Kids zu basteln oder die Nationalhymne zu üben. Die guatemaltekischen Spiele zu erleben oder an einer Einweihungsfeier einer Brunnenanlage teilzunehmen. All die kleinen Lichtblicke geben mir das Gefühl etwas Positives beigetragen zu haben.

 

Meine Erwartungen sind groß

Erwartungen

Meine Erwartungen sind groß – ich möchte Erfahrungen sammeln, neue Menschen, eine andere Kultur und vielleicht sogar mich selbst besser kennen lernen. Aber genauso groß ist mein Respekt Guatemala soll gefährlich sein. Demnach sind neue Erfahrungen nicht grundsätzlich gute Erfahrungen, aber ich werde überhaupt nichts erfahren, wenn ich es nicht ausprobiere, und so ein bisschen Abenteuerlust gehört doch dazu, oder?! Ich lass mich von meinen Gedanken also nicht einschüchtern und steig tapfer ins Flugzeug. Quetzaltenango, diese Stadt – die zweitgrößte des Landes – wird von den Einheimischen nur Xela genannt, und ich habe vor, dort eine Woche in die Sprachschule zu gehen und danach in einer Grundschule in der Nähe Xelas zu unterrichten. Chuitziribal ist eine Gemeinde im Hochland nahe Xela. Das ca. 25 Familien zählende Dörfchen besteht ausschließlich aus Mayas – der Urbevölkerung Guatemalas. Man kocht auf Holzöfen, es gibt weder Waschbecken noch Dusche, das Plumpsklo steht mitten auf dem Feld. Man baut die Hauptnahrungsmittel Mais und Bohnen an. Die Männer arbeite für einen Tageslohn von 3,70 € in der nahe gelegenen Fabrik. Das Leben ist einfach, aber die Menschen aus Chuitziribal erscheinen zufrieden und glücklich. Seit neun Jahren gibt es hier auch eine Grundschule, die  die Klassen eins bis sechs und eine Art Vorschule unterrichtet, alles in 2 Räumen.

 

Das Leben- Die Arbeit

Ich bewohne zusammen mit Raja ein richtiges Steinhaus mit Wellblechdach und 4 Zimmern. Das Plumpsklo ist auf dem Maisfeld. Für die dortigen Verhältnisse haben wir mit der Unterkunft Glück gehabt. Was mir allerdings sehr zu schaffen macht, ist die Kälte – wir sind in den kältesten Monaten Januar und Februar dort. Die Abende können schon ganz schön einsam sein. Um halb 7 ist es dunkel, und dann geht man auch nicht mehr raus.
Da die Schule dann erst  Mitte Januar anfängt habe ich Mynor – der Projektkoordinator der Sprachschule – bei einem anderen Projekt geholfen. Wir erstellen eine Internetseite für verschiedene Fraueninitiativen. Insgesamt sind es drei Organisationen in deren Rahmen die Frauen Marmelade, Trockenfrüchte bzw. organischen Kaffee herstellen. Unsere Aufgabe besteht zunächst darin zu den Frauen zu fahren, mit ihnen über ihre Arbeit zu sprechen und Fotos zu machen. Man merkt, dass sie uns gegenüber etwas misstrauisch sind. Dennoch bekommen wir mit der Zeit einen Draht zu den Frauen. Die weitere Arbeit bestand dann darin, die Informationen in Texte umzuwandeln, diese auf spanisch und englisch zu übersetzen, und nicht zu vergessen die Einrichtung und Gestaltung der Internetseite. Von nun an haben die Frauen der Initiativen die Möglichkeit, ihre Produkte über das Internet zu verkaufen.

 
Anfang Januar gehe ich dann in die Grundschule. Da steht man nun vor drei kleinen Jungs und weiß nicht wie man anfangen soll. Gott sei Dank gibt es einen Schrank voller Bücher. Am nächsten Tag besteht meine Klasse bereits aus 7 Schülern und Mittwoch dann aus 8. Wir sitzen zusammen mit 15 Erstklässlern, und 10 Schülern der 4., 5. und 6. Klassein einem Raum. Nicht nur das Chaos ist ein Problem, auch der riesige Leistungsunterschied, manche können einigermaßen lesen, schreiben und rechnen, andere nicht. Doch all dies sind Dinge, die ich mit der Zeit in den Griff bekomme.. Nichtsdestotrotz  ist es eine schwierige Arbeit mit Höhen und Tiefen, die mich jeden Tag aufs Neue fordert. Es ist eine gehörige Portion Eigeninitiative von Nöten, denn im Prinzip ist man in seiner Unterrichtsgestaltung ziemlich frei, einzige Stütze sind die Bücher. Außerdem sollte es nicht an Durchsetzungsvermögen, und vor allem Durchhaltevermögen mangeln.

 

Fazit

Alles in allem hab ich mit meiner Arbeit in Chuitziribal also nicht nur die Menschen dort unterstützt, sondern auch für mich persönlich viel dazugelernt. Es war sozusagen ein Geben und Nehmen. Ich hab meine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und dafür bekam ich die Möglichkeit die Kultur und Lebensweise der Mayas hautnah kennen zu lernen. Am meisten hat mich fasziniert, dass diese Menschen so bedingungslos nett, freundlich und offen waren.

 
Der Abschied von Guatemala fiel mir sehr, sehr schwer. In dieser kurzen Zeit hab ich das Land mit all seinen positiven Seiten, aber auch mit all seinen Ecken und Kanten lieben gelernt. Trotz aller Probleme, die sich mir in den Weg gestellt haben würde ich diese Erfahrung nie, nie, nie missen wollen, und bin mir sicher, dass ich auch noch lange darauf zurückgreifen können werde und dass  ich irgendwann zurückgehen werde.

Arbeit in einer Kooperative

An das erste Projekt kam ich über meine Spanischschule, die ausführlich darüber informierte und mir schließlich riet, in dem Kaffeeprojekt der kleinen Kooperativa eines Dorfes von Einheimischen in den Bergen im Osten Guatemalas als Freiwillige zu arbeiten, da ich Land und Leute kennenlernen, helfen und auch mein Spanisch verbessern wollte, da es in diesem Dorf sicher niemanden geben würde, der Englisch sprach. Ich fuhr also mit dem Pick- up, der die Einheimischen donnerstags vom Markt in der Stadt wieder ins Dorf zurückbringt, in die Berge, um dann vom letzten Stop aus noch ungefähr eine ¾ Stunde zum abgelegenen Projekt zu wandern. Als ich dann bei den sehr einfach lebenden und liebenswerten Menschen ankam, wurde ich gleich herzlich begrüßt. Dort gibt es sehr viele Kinder, die sich immer aufs Äußerste darüber freuen, wenn Freiwillige kommen um im Dorf zu helfen, die aber dann auch gerne mit ihnen, den Kindern, Fußball oder Ähnliches in ihrer Freizeit spielen. Das Leben dieser Menschen ist sehr einfach. Sie leben in Lehmhäusern, ernähren sich Tag für Tag von selbstangebauten Bohnen "Frijoles" und Maistortillas, versorgen ihre Tiere und bestellen ihre Felder. Das letztere ist mit anstrengender körperlicher Arbeit verbunden. Obwohl der Kaffeeanbau wichtig für die Mitglieder der Kooperativa ist, gibt es auch viele andere Produkte wie Zuckerrohr, schwarze Bohnen, Mais, Bananen und Ananas, die dort angebaut werden, und die zum Großteil für den Eigenbedarf notwendig sind.

 

Meine Arbeit bestand darin, mit den Männern des Dorfes morgens schon früh in die Kaffeefeder zu gehen um dort die Kaffeepflanzen einzusetzen. Natürlich ist die Arbeit der Freiwilligen saisonabhängig. Es gibt natürlich auch Jahreszeiten, in denen Freiwillige bei der Kaffeeernte, beim Verkauf oder bei der Verarbeitung des Zuckerrohres "cancha" zu "dulce" (einer zuckerartigen Speise) helfen müssen. Die Arbeit ist hart, die Sonne heiß, die Menschen arm, aber freundlich und die Atmosphäre in diesem Dorf ist eben meist nicht idyllisch, denn die Menschen, deren tägliche Sorge darin besteht, die Familie mit ständig zunehmender Kinderzahl zu ernähren, sind unzufrieden und neidisch, wenn sie sehen und hören, was Jugendliche anderer Länder für Möglichkeiten und Bildung haben. Die kleine Schule, die sich auch um alle Kinder der umliegenden Dörfer kümmert, ist erst wenige Jahre alt. Da es nur einen Lehrer gibt, gehen ältere und jüngere Kinder gemeinsam in den Unterricht. Alle Klassen sind also zusammengelegt. Die Erwachsenen mussten zu ihrer Zeit noch 3 Stunden ins Städtchen laufen um überhaupt Bildung/Unterricht zu bekommen und können vereinzelt schreiben und lesen. In der Schule hatte ich als Freiwillige jedenfalls die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und so aktiv den Unterricht mitzugestalten. Es kommt also darauf an, erfinderisch zu sein und immer wieder selbst die Initiative zu ergreifen, um dann mit eigenen, kleinen Projekten die Kooperative zu unterstützen. Es gibt nämlich keinen, der dem Freiwilligen sagt, was er/sie tun soll. Man ist selbst gezwungen, seine eigenen Projekte auf die Beine zu stellen. Aber keine Angst, das macht Spaß und wir als deutsche Jugendliche haben wirklich ein so breites Allgemeinwissen, dass wir durchaus in der Lage sind, diesen Menschen Tipps und Hilfe zu geben. Wir können neue Anregungen zur Gestaltung der Kooperativa geben, über Hygiene und Gesundheit aufklären. Beispielsweise konnte ich, da ich schon häufig während den Ferien Praktika in einer deutschen Tierklinik gemacht hatte, den Leuten bei Fragen meist erklären, woran ihre teilweise sehr kranken ausgemergelten Tiere litten, und was zu tun war, um deren Gesundheitszustand zu verbessern. In der Schule habe ich dann auch oft selbst Unterricht gegeben, wenn ich morgens mal nicht gerade "im Kaffee" war. Den Frauen habe ich in der Küche geholfen, die Maismasse für die Tortillas herzustellen, die Tortillas zu formen oder draußen Früchte zu suchen. Oft habe ich auch dabei geholfen, gefällte junge Bäume aus der Umgebung zum Haus zu tragen, um dann den "Ofen" mit Holz zu beheizen. Das Wichtigste, was ich während meines Aufenthalts im Dorf auf die Beine stellte, war mein Gemüsefeldprojekt. Ich hatte nämlich die Idee, mich bei den Bauern für meinen Aufenthalt mit einem selbstangelegten Beet mit einheimischen Gemüsearten zu bedanken und auf diese Weise ihre Lebensverhältnisse wenig, aber doch auf längere Sicht zu verbessern. Dadurch können sie in Zukunft Gemüse essen und den Überschuss verkaufen. Nachdem ich also mit dem Spaten den Boden mehrerer 2m schmaler Terrassen bearbeitet, von Unkraut freigelegt hatte und auch die Steine im Boden mit Vitalino, meinem Helfer, beseitigt hatte, kaufte ich noch einen Drahtzaun und schleppte mit den Jungen Pfähle herbei um das Feld zu umzäunen und so vor den Übergriffen der Vögel zu schützen.

 

Ich habe wichtige Erfahrungen und neue Eindrücke während meines Aufenthalts gewonnen, viel über das Leben und auch die Probleme der Guatemalteken gelernt. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass insbesondere während der Gespräche, aber auch sonst während meines Aufenthalts ein reger kultureller Austausch stattfand und ich besonders viel Spaß beim Spiel mit den Kindern und Jugendlichen hatte. Ich habe gelernt, dass es vom Zufall abhängt, in welchem Land und in welcher Gesellschaft man geboren wird, dass man dadurch unglaubliche Vorteile oder Nachteile hat und ich habe es nun wahrhaft schätzen gelernt, die Möglichkeit zu haben, meine Zukunft aktiv nach meinen Plänen gestalten zu können. Schließend möchte ich nochmals die Herzlichkeit und Freundlichkeit dieser guatemaltekischen Bauern, bei denen ich auch Freunde gefunden habe, herausstreichen.

Arbeit in einem Tierschutzzentrum

Das Tierschutzzentrum liegt in der Regenwaldregion Guatemalas, am Rande des Lago Iza. Ich benötigte also ein Boot, um von dem Städtchen aus zur anderen Seite des Sees zu kommen. Dort liegt das Tierschutzzentrum hinter einer kleinen Bucht im Wald verborgen. Es ist das einzige Tierschutzzentrum Guatemalas und bietet auch Rehabilitations-/Auswilderungsmöglichkeiten an. In das Center kommen die Tiere, die von der Polizei an den Zöllen beschlagnahmt werden oder wilde Tiere, die schwach sind und gefunden wurden. Es werden bisweilen sogar Tiere von ihren Besitzern abgegeben, weil sie merken, dass ihr Tier dort besser auf gehoben ist. Die Tierarten, die hier von 2 Tierärzten, 5 guatemaltekischen Arbeitskräften und einer immer relativ großen Zahl internationaler Freiwilliger (5-10), sowie guatemaltekischen Veterinärstudenten, die hier ihr Praktikum absolvieren können, betreut werden, gehören der Katzen-, Vögel- (Papageien, Tukane, Laros) und Säugetiergruppe an. Jede/r Freiwillige/r arbeitet also in einer dieser Gruppen, muss aber auch bei extra Arbeiten anderer Gruppen mit anpacken. Unsere Arbeit besteht darin, die Tiere (täglich um 6 Uhr, 11 Uhr und 14 Uhr) zu füttern, ihre Käfige zu säubern, herzustellen, auszubessern und Nahrung für Insektenfresser zu sammeln. Die Tiere, die neu ankommen, bleiben für viele Wochen in der "Quarantäne", wo sie täglich auch mehrmals von den Tierärzten begutachtet/untersucht und behandelt werden. Wenn Tiere sterben, was täglich geschieht, wird jedes Mal eine Obduktion von den Veterinären durchgeführt, wobei die Freiwilligen aufgefordert werden, zuzuschauen um viel lernen zu können. Die Ärzte wollen auf diese Weise herausfinden, woran die Tiere gestorben sind, z. B. an welchen Parasiten, um dann spezifischere, präventive Maßnahmen ergreifen zu können. Das Rehabilitationszentrum, tiefer im Wald gelegen, darf von den Freiwilligen nur bedingt und unter Aufsicht betreten werden, da die dortigen Tiere sich an das Leben in Freiheit/Wildnis (=ohne menschliche Hilfe) gewöhnen müssen und deshalb nur ab und zu getarnt besucht werden, um das Gruppenverhalten zu prüfen.

 

Die Freiwilligenarbeit ist essentiell notwendig. Sie macht den Tierfreunden sehr viel Spaß, aber man muss auch ein hohes Maß an Verantwortung übernehmen, da die Arbeit der Freiwilligen oft nicht kontrolliert werden kann. Untergebracht werden wir in einem zweigeschossigen Haus mit Stockbetten, was aufgrund der Nähe des Sees sogar Duschen besitzt. Man kann in seiner Freizeit (ab 15 Uhr) dann miteinander zum Schwimmen im See aufbrechen, lesen, Karten spielen, schlafen oder mit dem Boot, welches die guatemaltekischen Arbeitskräfte und Tierärzte mittags nach Flores, ans andere Ufer bringt, die ins nahegelegene Städtchen gehen, um Süßigkeiten einzukaufen, Karten aufzugeben, Papayasaft im Café zu trinken,...

 

In Guatemala ist es aufgrund der fehlenden Bildung und der korrupten Politik/Regierung äußerst häufig, dass Tiere schlecht behandelt werden. Sie werden angeschrieen, getreten und überfahren, weil die Menschen nie gelernt haben, wie wichtig die Natur/ die Tiere für ihr eigenes Überleben ist und sie selbst immer Probleme haben, ihre Familien ausreichend zu ernähren, so dass Hunde/Katzen nur "unnütze Fresser" sind. Wenn reichere Leute sich Tiere anschaffen, werden diese in völlig ungenügenden grotesken Bedingungen gehalten, weil die Guatemalteken, die außerhalb der größeren Städte leben, nie die Bildung erhalten, die für Umweltbewusstsein und Respekt gegenüber anderen Lebewesen Grundlage ist. Die Guatemalteken, die ihre Hunde dahinvegetieren/verhungern lassen, sind daher nicht böse, sondern unwissend und meist selbst zu arm. Die Arbeit an diesem Projekt, mit den oft kranken, schwachen, verwahrlosten und hilflosen Tieren war für mich sehr befriedigend, da ich wusste, dass meine Arbeit überaus hilfreich und nötig war. Die vormals wilden Tiere, die aus ihrer natürlichen Umgebung auf brutale Weise von Wilddieben und Schmugglern gerissen wurden, dann eine Irrfahrt durch Guatemala hinter sich haben, in Minikäfigen gehalten wurden, sind, wenn sie in das Tierschutzzentrum kommen, auf mich und Dich(zukünftiger Freiwilliger!) angewiesen. Die Freiwilligen sind, wenn Du willst, diejenigen, die die Suppe verantwortungsloser, ungebildeter Menschen auslöffeln.

 

Auf uns kommt es an, wir arbeiten, um den Tieren eine letzte, gerechtmäßige Chance geben zu können, um sie aufzupäppeln und danach, im besten Falle auszuwildern.

 

Ich habe einzigartige Freundschaften mit Menschen aus allen Kontinenten geknüpft, viel Freude in besonderer Umgebung gehabt und große Befriedigung bei meiner Arbeit erfahren. Schließlich muss ich noch erwähnen, dass die Arbeit nicht idyllisch ist, dass die armen, misshandelten Vögel beispielsweise oft Angst vor Menschen haben, aber es lohnt sich gerade deshalb zu helfen.

Alltagsbericht über die Kindertagesstätte

Am Sonntag sind wir in den Ort gefahren, wo wir arbeiten. Die Nonnen haben uns sehr freundlich, wenn auch ein wenig überrascht aufgenommen, da sie dachten Sabine käme alleine, obwohl wir vorher extra angerufen haben, aber na ja, nicht weiter schlimm. Dieses Dorf liegt mir dem Bus knapp 2h von Antigua entfernt. Wir arbeiten da in einer Kindertagesstätte. Am Morgen sind nur ca. 5 kleine Kinder da mit denen wir spielen. Zum Mittagessen kommen dann auch die größeren, dann sind es ungefähr 40 Kinder. Am Nachmittag singen dann die Kinder zuerst und danach haben sie noch eine Stunde in der sie spielen können. Die Kinder sind extrem herzlich und anhänglich. Nach vier ist unser Arbeitstag schon fast zu Ende.

 

Jetzt in der Weihnachtszeit waren die Posadas, das sind tägliche Umzüge für Kinder, bei denen Maria- und Josefstatuen herumgetragen werden. Dabei werden Weihnachtslieder gesungen und bei bestimmten Familien eingekehrt. Mir haben die Posadas sehr gut gefallen. Zum einen da wir nach der Arbeit eine Beschäftigung hatten und zum anderen, weil so ein bisschen Weihnachtsstimmung aufgekommen ist. Sabine und ich wohnen nämlich im Zentrum wo wir auch arbeiten. Eigentlich leiten Nonnen das Zentrum, aber es hat verschiedene freiwillige Einheimische, die auch mithelfen, deshalb sehen wir die Nonnen fast nie. Denn das Zentrum, das eigentlich zum Kloster gehört, hat zwar denselben Eingang, aber ansonsten sind die beiden Einrichtungen komplett getrennt. Der Eingang wird geschlossen sobald die Kinder gegangen sind, und da wir keinen Schlüssel besitzen, müssen wir jedes Mal klingeln wenn wir weg gewesen sind. Das ist ein bisschen mühsam, da wir die Nonnen ja auch nicht immer stören wollen.

 

Letztes Wochenende haben wir zum Beispiel gearbeitet, weil da Anlässe im Zentrum waren. Am Samstag war eine Messe für alte Leute und am Sonntag ist der Rotary Club vorbeigekommen und hat mit den Kindern Weihnachten gefeiert. Das heißt sie haben Geschenke, Spielsachen, Essen und Kleider für die Kinder gebracht. Denn die Kinder die zu uns kommen sind sehr arm. Die meisten der Mütter sind alleinerziehend. Das Kind zu uns zu schicken, kosten pro Monat 20Q (= 3Fr.) was nicht mal die Kosten für‘s Essen, geschweige denn für Strom und Wasser deckt. Ich bin total beeindruckt vom Zentrum. Es lebt eigentlich nur von Spenden und Freiwilligen, die den Leuten helfen, die es wirklich nötig haben!

Die Nonnen sind total lustig. Das hätte ich niemals erwartet. Es sind vier Nonnen, die da wohnen und im Dorf verschiedene Dinge arbeiten, wie in einer Apotheke.

 

Sabine und ich leben eigentlich soweit selbstständig. Wir haben eigene Zimmer und ein eigenes Bad. Fürs Frühstück und Abendessen können wir die Küche des Zentrums benutzen.

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