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Ein Bericht über einen Einsatz in Brasilien

Die Wurzeln des Dorfes der Hoffnung in Brasilien liegen in einem Wohnprojekt für Menschen mit einer geistigen Behinderung in Israel. Von dort aus wurde später in Sao Paulo/Brasilien ein Halbtags-Kinderheim mit schulischer Struktur gegründet. Schließlich, vor etwa zehn Jahren, schloss sich wieder eine Gruppe zusammen um das Konzept von Kvar Tikva erneut zu verwirklichen und begann mit der Fürsprache des israelischen Ziehvaters der Organisation die ersten Häuser des Dorfes zu bauen, das nun als Dorf der Hoffnung gerade so weit weg von Sao Paulo liegt, dass es nicht mehr zu den Vororten zählt, aber noch so nah an der Stadt, dass sie leicht und schnell mit Bus und Bahn erreichbar ist. Das Dorf der Hoffnung ist ein Betreutes Wohnen für Menschen mit einer geistigen Behinderung, das den Menschen als solchen mit seiner Würde und seinen Rechten berücksichtigt und respektiert. Die Bewohner des Dorfes, deren Zahl momentan etwa 55 beträgt, haben eigene Häuser auch mit Kochmöglichkeiten, ihr eigenes Zuhause und ihre Privatsphäre, über das sie vollkommen selbst entscheiden; angefangen von der Einrichtung bis hin zu einem kleinen Vorgarten, der bei dem ein oder anderen auch ganz hübsch anzusehen ist. Es gibt gemeinsame Mahlzeiten in der Mensa, eine Krankenstation, wo die Bewohner ihre Medizin einnehmen (allerdings ist kein Arzt anwesend, sondern nur eine Krankenschwester. Das Dorf ist keine Klinik!), ein Sportstudio und ein Schwimmbad zur Wassermassage. Fast alle Bewohner arbeiten in Begleitung von Personal in den verschiedenen Arbeitsbereichen der Einrichtung, die da sind Küche, Wäscherei, Garten, Krankenstation, Torwächter, Einkäufer, Begleiter bis hin zu Administration. Zudem gibt es eine kleine Verpackungsfirma, wo Müllsäcke hergestellt und zum weiteren Handel verpackt werden. Einige der Bewohner haben auch einen kleinen Job außerhalb.

 

Generell soll das Dorf ausschließlich Wohnsitz sein, persönliche Aktivitäten wie sportliche oder schulische Kurse, Einkäufe, ebenso Arzt- oder Krankenhausbesuche, Friseur, Zahnarzt usw. finden draußen, wie das ja normalerweise im Leben ist, statt. Die meisten der Bewohner erledigen diese Dinge in Jundiaf, der nächsten größeren Stadt.

 

Es besteht die Möglichkeit, als Freiwilliger eine gewisse Zeit im Dorf mitzuwohnen und zu arbeiten oder beispielsweise ein studienbezogenes Praktikum zu machen. Es gibt kein streng ausgearbeitetes Konzept für diesen Freiwilligendienst, es ist also von vornherein Flexibilität und Eigeninitiative mitzubringen, um einen angemessenen, erfüllenden und nötigen Arbeitsplatz zu finden und einzunehmen.

 

Generell arbeitet der Freiwillige in allen oben beschriebenen Bereichen im engen Kontakt mit den Bewohnern des Dorfes. Ein Aufgabenbereich, in dem gerne Freiwillige eingesetzt werden, sind Begleitungen von Bewohnern, welche nicht selbstständig sind, zu Arztbesuchen oder Freizeitaktivitäten wie Sportkurse, Friseurbesuche, Einkäufe etc., wobei es von den betreffenden Personen abhängt, inwiefern der Freiwillige verantwortliche, führende oder nur begleitende Funktion übernimmt.

 

Ebenso ist es bei gemeinsamen Ausflügen, die gewöhnlich am Wochenende stattfinden, oft nötig, den Freiwilligen als zusätzliche Kraft zur Begleitung einzusetzen.

 

Die Arbeitszeit ist normalerweise von 8:00 Uhr morgens bis 18:00 abends, mit einer Mittagspause zwischen 12:00 Uhr und 13:30 Uhr. Manchmal ist es allerdings nötig, den Arbeitstag zugunsten besonderer Umstände oder Festlichkeiten zu verlängern oder zu verschieben, auch hier ist Flexibilität eine wichtige Eigenschaft.

 

Das Wochenende ist für Freiwillige arbeitsfrei, es kommt allerdings sehr häufig vor, dass sie die Ausflüge (die oft auch interessant sind) begleiten müssen, was aber in der Regel keinen vollen Arbeitstag (an der Arbeitszeit gemessen) bedeutet. Ein Freizeitausgleich unter der Woche ist bei Bedarf oder Wunsch möglich.

 

Es ist willkommen, eigene Projekte oder Arbeitsgruppen ins Leben zu rufen oder zu entwickeln. Hierbei ist dem Freiwilligen sämtlicher Freiraum gelassen. Diese Projekte können kimstierischer, sportlicher, psychologischer, physiotherapeutischer, handwerklicher (...) Natur sein und es kann natürlich, soweit vorhanden, mit fachlichem Personal zusammengearbeitet werden.

 

Die Arbeit, egal in welchem Bereich, geht immer im Kontakt mit den Bewohnern des Dorfes, mit Menschen mit geistiger Behinderung, vonstatten.

 

Das Dorf der Hoffnung ist, seinen Wurzeln nach, eine jüdische Einrichtung und die Mehrheit der Bewohner stammt aus jüdischen Familien, was allerdings im Alltag und in der Arbeit nicht zur Geltung kommt. Die Angestellten sind in der Mehrzahl keine Juden. Freitags wird zur Abendbrotszeit eine kurze jüdische Andacht gehalten und die jüdischen Feste werden in ihrer Tradition gefeiert. Hierbei bleibt dem Freiwilligen aber natürlich die Freiheit, zu entscheiden, inwieweit er sich bei diesen Gelegenheiten einbringen oder beteiligen will.

 

Da der brasilianische Staat bislang wenig Geld in die soziale Arbeit mit Menschen mit einer geistigen Behinderung investiert, ist die Einrichtung eine private, wodurch die Familien die nötigen finanziellen Mittel haben müssen, um ihre Kinder dort unterzubringen, was die Bevölkerungsschicht, aus der die Bewohner kommen, eingrenzt. Dadurch hat die Einrichtung eine gewisse finanzielle Grundlage und ebenso einen gewissen Standard, was Sauberkeit, Sicherheit und Lebensqualität angeht.

 

Als Freiwilliger wohnt man im Gebäude, in dem die administrativen Fäden zusammenlaufen.

 

Für ausreichende Verpflegung ist gesorgt, der Freiwillige hat gegenüber den Bewohnern auch das Privileg zu allen Tages- oder Nachtzeiten etwas zu Essen aus der Küche zu bekommen.

 

Generell werden die Mahlzeiten in der Mensa eingenommen. sind reichlich und gut.

 

In den Büros der Administration besteht die Möglichkeit, das Internet zu nutzen und man bekommt ein monatliches Taschengeld von 200 Reais.

 

Es ist günstig bis nötig etwas Portugiesisch zu sprechen. Englischkenntnisse reichen für die Arbeit mit den Bewohnern nicht aus. Spanisch vereinfacht die Verständigung und den Lemprozess, es wird jedoch ausschließlich Portugiesisch gesprochen. Nur Sergio, Direktor der Einrichtung und Jonas, Beauftragter und Ansprechpartner für den Freiwilligen, sprechen gut Englisch.

 

Es ist bei Interesse auch möglich, die Schule der Organisation in Sao Paulo kennen zu lernen oder andere Orte oder Einrichtungen freier Wahl zu besuchen. Hierbei kooperiert die Leitung des Dorfes sehr und will den Wünschen und Bedürfhissen des Freiwilligen gerecht werden.

 

Generell wird der Freiwillige und der Freiwilligendienst von den Bewohnem und deren Familien, den Angestellten und der Leitung des Dorfes geschätzt.

Fernweh statt Heimweh...

Meine 2 Monate in Brasilien waren für mich ein tolles Erlebnis. Die Aldeia ist eine wunderschöne Anlage inmitten des Küstenregenwalds  bei Sao Paulo. Wir Volontarier wurden dort gut verpflegt und nett aufgenommen.
Die Arbeiten mit den Behinderten hat Spaß gemacht und es fiel einem nicht schwer, sich dort bald heimisch zu fühlen. Dennoch hat es mir in meinem Einleben sehr geholfen, daß ich mich sehr gut mit den anderen verstanden habe.
Wären keine anderen deutschen Volontarier da gewesen, wäre es wahrscheinlich schwieriger gewesen sich dort einzuleben, da die Mitarbeiter der Aldeia kein wirkliches Interesse an uns "Deutschen" hatten. Außerdem wäre es für mich als Frau schwierig gewesen, in meiner Freizeit nach Sao Paulo zu fahren.
Was unbedingt erforderlich ist, sind portugiesisch Kenntnisse, denn auf der Aldeia spricht kaum jemand englisch.
...
Sao Paulo an sich ist eine wahnsinnig chaotische und gleichzeitig sehr charmante Stadt. Ich hatte nie das Gefühl dort unsicher oder bedroht zu sein.
Im Großen und Ganzen hatte ich auf der Aldeia eine wunderschöne Zeit, an die ich mich gern zurückerinnere. Man merkt einfach, daß die Brasilianer wahnsinnig offene und liebenswerte Menschen sind, was man auch über die Behinderten sagen kann, die einem immer mit lustigen Geschichten aus ihrem Leben aufmunterten.
Ich muß abschließend sagen, daß es mir schwerer fiel mich hier in Deutschland wieder einzuleben als dort,und ich schon richtiges "HEIMWEH" nach der schönen Aldeia habe und ich jedem nur empfehlen kann, dort hinzugehen.

Julia Haese, 2005

 

Unser Arbeitsalltag auf der Aldeia

Der Tag beginnt 3mal in der Woche um 7 h (ansonsten 8 h), wenn wir mit den Bewohnern einen ausgiebigen Spaziergang machen.
Danach gehen wir zum Frühstuck in das Refeitorio (dem Speisesaal). Anschließend begleiten zwei von uns einige Bewohner die zur Physiotherapie, die nicht selbstständig dorthin gelangen können.  Dies beinhaltet das Umziehen der Bewohner für das Schwimmbad und das hinbringen und abholen mit dem Auto.
die anderen Beiden machen um 9 h einen Spaziergang mit einer der Bewohnerinnen und arbeiten danach entweder in der Lavanderia (Wäscherei), oder in der Cozinha (Küche). An beiden Arbeitsstellen wird stets Hilfe gebraucht.
Um 12 gibt es Mittagessen und darauffolgend beginnt die Mittagspause die meist von 13.30 bis 14.00 ist.
Die Voluntäre  schrieben selbst einen Arbeitsplan. Nachdem wir  an den Nachmittagen abwechselnd in den verschiedenen Arbeitsbereichen arbeiten. Der Arbeitstag endet für uns um 17.00 wobei zwei Freiwillige meist noch um 16.30 einen Spaziergang mit einem der Bewohner machen.

Die Tätigkeiten in den verschiedenen Arbeitsbereichen:

Lavandaria (Wäscherei)  in der Wäscherei der Aldeia wird die gesamte Wäsche der Bewohner gewaschen deshalb sind die Angestellten dort, stets froh, wenn sie bei der Arbeit nicht nur von den Bewohnern Unterstützung bekommen. Die Arbeit besteht zum einen in der Registration der Kleidung in einen Computer, im Bügeln, Wäschefalten und Einordnen.

Oficina (Werkstatt) in der Werkstätte arbeiten wohl die meisten der Bewohner
und die Aufgaben dort wechseln  von Zeit zu Zeit.  Meist besteht sie in der Beaufsichtigung und Unterstützung der Bewohner z.B. beim Verpacken von Plastikbesteck oder beim Sortieren von recyclebaren Stoffen.

Das Atelier ist die Bastelkammer der Aldeia. Während im Erdgeschoss Mosaike angefertigt werden, bemalen die Bewohner ein Stockwerk höher gelegen fleissig Kacheln mit den verschiedensten Motiven oder fädeln bunte Perlen auf Nylonschnüre. Im Atelier gibt es auch die Möglichkeit, seinen eigenen Ideen nachzukommen z.B. mit den Bewohnern ein Kartenspiel oder Hörmemorie zu spielen....

Die Cozinha hat rund um die Uhr alle Hände voll zu tun, um das Essen für weit über 60 Bewohner + Angestellte pünktlich servieren zu können. Hilfe , in Form von Gemüse waschen und schneiden...wird vor allem in den Morgenstunden gebraucht und ist immer gern willkommen.

 

Eine schöne Zeit auf der Aldeia

Unser Freiwilligeneinsatz hat uns zur „Aldeia" geführt. Die Einrichtung liegt etwa 40 Autofahrminuten vor Sao Paulo!!

 
Wir fanden die Zeit in diesem fernen Land einfach super ... Übrigens, der Mond, der ist hier andersrum...

 
Als wir nach vielen Stunden Flug etwas aufgeregt in Sao Paulo ankamen, wurden wir von einem Fahrer und einem anderen Volontär am Flughafen abgeholt. Wir erfuhren, dass bereits 2 weitere Volontäre sich auf der Aldeia aufhalten...
 

Nach einer spannenden Autofahrt durch Sao Paulo kamen wir bald auf der Aldeia an. Dort wurden wir sehr, sehr herzlich begrüßt... Uns wurde die Einrichtung gezeigt und wir wurden vielen Bewohnern und Mitarbeitern vorgestellt.
 

Ein erster Eindruck: Schön sieht es hier aus...
 

Ein Bungalow für Volontäre... 4 separate Zimmer mit eigener Dusche und WC. Die Zimmer sind ok... und übrigens, das Toilettenpapier gehört nicht in die Toilette sondern in den Müll!! Wichtig...
 

Den ersten Tag hatten wir zu unserer freien Verfügung. Wir soiäten erst einmai ankommen und uns ein bisschen zurecht finden.... Am nächsten Tag bekamen wir einen Arbeitsplan. Wir alle - 4 Volontäre - bekamen einen gesonderten Arbeitsplan. Der Tag wurde aufgeteilt in die Vormittagsschicht (8.30h - 12.00h) und die Nachmittagsschicht (13.30h - 17h). Einen Vormittag hatte jeder von uns frei, dafür sollten wir jeweils einen Abenddienst übernehmen... Das Wochenende hatten wir zu unserer freien Verfügung; die Gegend konnte erkundschaftet werden. Unsere Arbeitsorte waren: die Wäscherei, das Officina, die Therapie, das Mosaico, das Atelier und die Küche. Hilfe konnte überall gebraucht werden...
 

Am Tag der Unabhängigkeit, der größte Nationalfeiertag, hätten wir eigentlich arbeitsfrei gehabt. Wir wurden gefragt, ob wir arbeiten können, wir sollten die Bewohner auf der Feier betreuen... Gerne haben wir das gemacht. Es war ein interessanter und schöner Tag. Dafür haben wir einen Tag frei bekommen. Wenn wir Urlaub nehmen wollten, um ein paar Tage durch das Land zu reisen, war das eigentlich kein Problem. Wir mussten nur früh genug fragen...
 

Chef und Chefin haben wir selten gesehen, sie waren aber immer freundlich, hatten für uns immer ein nettes Wort parat...
 

Den Bewohnern und Bewohnerinnen der Aldeia wird ein relativ abwechslungsreiches Freizeitangebot geboten. Während der Woche gehen viele, den Tag über, ihrer Arbeit nach.
Nach der Arbeit haben sie die Möglichkeit in den Fitnessraum zu gehen um sich dort ein wenig sportlich zu betätigen. Manche suchen das Atelier auf. Ein Femseher und Sofas laden zum verweilen ein. Kicker und Tischtennisplatte gibt es auch... Am Abend können die Bewohner und Bewohnerinnen, wenn sie mögen, noch an einem betreuten Angebot teilnehmen: Dienstags findet eine Theatergruppe statt, Mittwochs wird gekocht und Freitags gibt's eine gemütliches Zusammensitzen und ein paar Snacks...
 

Am Wochenende, Samstag oder Sonntag, konnte wer wollte auf einen Ausflug
mitfahren (z.B. Picknick oder Kino)....
Mit wenig Portugiesischkenntnissen kamen wir in Brasilien an. Die Verständigung war schwer. Viele Mitarbeiter sprechen kein Englisch... Aber mit Händen und Füßen... Das ist gar kein Problem! Ein paar Bewohner sprechen Englisch und zwei sogar Deutsch...
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen waren sehr freundlich, lachen viel und oft... Bei Fragen helfen sie dir gerne... Nachnamen „gibt" es nicht. Alle, ob Chefin oder Gärtner, werden mit dem Vornamen angesprochen.
 

Auf der Aldeia wohnen circa 65 Damen und Herren, zu einigen bestand ein sehr guter Kontakt, zu anderen ein wenig guter und zu manchen Bewohnern hatte man gar keinen Kontakt. Das war ganz verschieden...
 

Kontakt zu der Bevölkerung vor Ort hatten wir während unserer „Aldeia - Zeit" keinen (später auf unserer Reise war das anders, dort sind wir mehr mit Einheimischen in Berührung gekommen).
 

Wir hoffen ihr konntet einen Eindruck von unserem Leben auf der Aldeia d'Esperanca bekommen... Es war eine wunderbare Zeit-. Ganz anders ais wir uns es vorgestellt hatten, aber trotzdem wunderschön... Wir werden sie nie vergessen...

 
Noch ein Einsatz in einem fernen Land? Immer wieder gerne... Wir wären bestimmt noch mal mit dabei...

 

Anna und Sabine, 2006

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