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Eindrücke aus Kambodscha

Das Beste was mir hier in Kambodscha passiert ist war das komplett andere und anfänglich schwierige Zeitverständnis das so gar nicht zu unserem deutschen passen will. Während ich die Tage noch nach Stunden und Minuten einteilen wollte und bei Verabredungen nach der Zeit gefragt habe bekomme ich von Kambodschanern in vielen Fällen nur vage Angaben die den Teil des Tages, also Vormittag oder Nachmittag angeben. Das hat den Nachteil das man nicht –typisch deutsch- mehrere Treffen in einen Tagesteil quetschen kann, der Vorteil ist aber wesentlich größer. Man nimmt sich richtig viel Zeit um Leute zu treffen. Man hat gar keine andere Möglichkeit. Sich darauf einzulassen ist sehr spannend. Ich finde es gibt einem eine gewisse Ruhe. Niemand arbeitet mit exakten Zeitangaben, man macht eher vage Treffzeiten aus und muss sich dann auch nicht schlecht fühlen wenn man zehn Minuten zu spät kommt.

Angenehm ist auch die Arbeitsweise, die sich weniger stark nach der Uhr richtet als in Deutschland. Die Arbeit kann einfach flexibler verteilt werden. Das heißt aber nicht dass sie nicht gemacht wird, im Gegenteil. Wenn Arbeit da ist arbeiten meine Kollegen auch am Wochenende oder nach offiziellem Arbeitsschluss. Dafür gehen sie früh ab und zu essen wenn sie wirklich Hunger haben und der kommt eben manchmal erst nach Arbeitsbeginn. Wer will kann während eines offiziell freien Tages arbeiten und dafür das nächste Wochenende durch einen freien Tag verlängern. Dass das möglich ist finde ich sehr toll.


Es kommt mir alles weniger starr vor und das ist es auch. Das lässt die Leute entspannter werden und es springt langsam auch auf mich über. Die “Gelassenheit“ ist glaube ich das wichtigste was ich mitnehmen werde.

Mit der Gelassenheit und der Ruhe mit der die Kambodschaner im Heute leben haben sie natürlich auch wenig Sinn für Planung im Morgen oder entwickeln ein Gespür um vorauszudenken. Mal sehen was kommt, so scheint es mir wird hier vielerorts gelebt. Das merken ich wenn ich mich mit Tuk Tuk Fahrern unterhalte die die Hälfte ihres Einkommens in Alkohol investieren obwohl daheim die Familie wartet oder wenn ich den Straßenverkehr allgemein beobachte. Er gleicht besonders zu Berufsverkehrszeiten einem Chaos, vorausschauendes Fahren gibt es quasi nicht und Versicherungen sind für viele Geldverschwendung. Diese Kurzsichtigkeit fäll besonders den Kindern armer Familien auf die Füße, bei denen die Eltern es für sinnvoller halten ihre Kinder so früh wie möglich arbeiten anstatt so lange wie möglich zur Schule schicken.


Etwas das Kambodscha mir auch noch ermöglicht hat ist ein anderer Blick auf Deutschland. Wenn man von bestimmten Dingen Abstand gewinnt kann man sie viel besser einschätzen. Dazu gehört eben auch dass man Pünktlichkeit anders sieht, je nach Situation natürlich gut oder schlecht. Es fällt im allgemeinen leichter zu vergleichen wenn man sieht wie wir Deutsche im Ausland gesehen werden oder was von uns besonders bekannt ist (einmal wurde mir freudig ein Hitlergruß entgegen geschrien), andererseits lernt man viel über sich selbst wenn man mit anderen Handlungsweisen konfrontiert wird und merkt das die eigenen Gewohnheiten nicht so selbstverständlich sind wie ursprünglich gedacht. Man lernt damit nicht nur über Kambodscha sondern auch über Deutschland Dinge und diese zu schätzen und andere weniger gut zu sehen. Man kann einfacher vergleichen und durch andere Einflüsse auch anders über sich selbst und die eigenen Kultur werten. Dabei unterschiedliche Handlungsweisen auszutauschen stelle ich mir aber als durchaus schwierig vor. Obwohl ich natürlich versuche werden etwas von Kambodscha auch nach Deutschland mitzubringen.


Paul V.

Zivildienst in Kambodscha

Auf die Idee mich für einen freiwilligen Auslandsdienst zu bewerben, brachten mich vor allem meine Eltern, welche zusammen mit meinem Bruder und mir Mitglied in der Thüringisch-Kambodschanischen Gesellschaft sind. Durch sie erfuhr ich, dass es seit kurzem ein Programm namens „Weltwärts“ gibt, welches es den Teilnehmern ermöglicht einen Dienst im Ausland zu leisten. Durch die Zusammenarbeit mit der TKG bot sich die Organisation „Nothelfergemeinschaft der Freunde e.V.“ als eingetragene Entsendeorganisation mir bei den Vorbereitungen zu helfen. Nachdem ich hauptsächlich mit deren Hilfe alle Vorraussetzungen erfüllt hatte, flog ich am 06.09.2008 nach Kambodscha.


Hier arbeitete ich bei der NGO COMPED, der kambodschanischen Partnerorganisation der Thüringisch-Kambodschanischen Gesellschaft. Diese NGO arbeitet hauptsächlich im Umweltbereich und hat verschiedene Projekte mit erneuerbaren Energien, Abwasserreinigung oder Kompostierung. Mein Hauptaufgabenfeld sollte das soziale Abfallzentrum in Battambang sein. Der Projektbeginn wurde allerdings aufgrund von Problemen immer wieder nach hinten verschoben, sodass wir erst Mitte 2009 richtig mit der Arbeit beginnen konnten, obwohl der Beginn mit November 2008 festgelegt wurden war.


Doch ich durfte zu beginn erst einmal an einer vollkommen anderen Sache mitarbeiten. Da COMPED auch zahlreiche Patenkinder durch so genannte Ausbildungspatenschaften betreut veranstalteten wir im Oktober des Jahres eine Reise nach Siem Reap, zusammen mit allen Patenkindern, zahlreichen Eltern und Geschwistern sowie natürlich allen Mitarbeitern. Da eine solche Reise mit mehr als einhundert Teilnehmern gut organisiert sein muss, war ich die ersten beiden Monate voll mit der Vorbereitung der Reise beschäftigt. Es mussten Namenskarten gemacht, Medikamente gekauft, Unterkünfte gebucht, Proviant organisiert und Busse gemietet werden. Bei all dem arbeitete ich als Helfer mit. Die Reise wurde trotz viel Regen und überfluteten Tempeln und Straßen ein großer Erfolg, den wohl niemand so schnell vergessen wird. Im Nachhinein war ich noch längere Zeit mit einem Bericht der Reise für die deutschen Spender und Pateneltern beschäftigt.

 

 

Gruppenfoto vor dem Eingang zu Angkor Wat

 

In den Monaten nach der Reise gab es ganz verschiedene Dinge für mich zu tun, ich half bei der Betreuung einer Reise deutscher Unternehmer, welche neue Geschäftskontakte in Kambodscha knüpfen wollten und ich half bei der Vorbereitung von Seminaren. Meist waren es Seminare über die Herstellung und Anwendung von Kompost in der Landwirtschaft für kambodschanische Bauern oder die richtige Aufstellung und Wartung von Solarpaneelen vor verschiedenen Behörden und Technikern. Durch die zahlreichen Projekte von COMPED kam ich in dieser Zeit viel im Land herum. Denn neben den zahlreichen kambodschanischen Städten, die wir wegen der Seminare besuchten, fuhr ich auch in die Provinzen Rattanakiri und Mondulkiri, das sind größtenteils mit Urwald bedeckte Provinzen an der Grenze zu Vietnam in welchen noch zahlreiche Stämme kleinerer Bergvölker wohnen.

 

Überprüfen der richtigen Aufstellung von Solarpaneelen


Ab Januar begannen wie allmählich mit den Vorbereitungen zu dem Projekt des sozialen Abfallzentrums. Unser erster Schritt war es in der Stadt geeignete Mitarbeiter zu finden. Da COMPED ihren Sitz im 300km entfernten Phnom Penh hat, konnten sie keine Angestellten dauerhaft nach Battambang schicken. Nachdem wir 2 Mitarbeiter gefunden hatten, verständigten wir mit der Stadtverwaltung, um das Projekt beginnen zu können. Dort wurde uns allerdings mitgeteilt, dass die Deponie demnächst verlegt wird und wir bis zu diesem Zeitpunkt mit dem Bau der Gebäude warten sollen. Hier bekam ich zwar nicht zum ersten mal, aber doch am eindruckvollsten zu spüren, was es heist in Kambodscha zu versuchen einen festen Plan zu verflogen. Um es kurz zu machen, es ist hier praktisch unmöglich sich auf Termine oder Absprachen zu verlassen. Hier gerät man mit einem deutschen Bild von Ordnung und Pünktlichkeit gerät man hier schnell an seine Grenzen


Da der Bau noch nicht beginnen konnte begannen wir mit den geplanten Schulungen für die Müllsammler, die das Projekt beinhaltete. In diesen Schulungen versuchten wir den Menschen die auf der Deponie in Battambang arbeiteten und teilweise auch lebten, Kenntnisse über Hygiene zu vermitteln. Während dieser Zeit fuhr ich meistens zusammen mit meinem Gastvater nach Battambang und wir blieben dann meist 2-3 Tage dort. Dadurch verbrachte ich einen großen Teil meiner Arbeit damit, die Schulungen vorzubereiten. Den eigentlichen Projektablauf konnte ich leider nicht mehr selbst erleben, weil ich zu dieser Zeit schon in wieder in Deutschland war.  


Ich hatte das Gefühl, dass ich den COMPED Mitarbeiten zwar einige Arbeit abnahm, aber ich glaube nicht, dass meine Arbeit an sich unersetzbar war. Da es in der Organisation ausschließlich gut ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter gab und ich außer meinem Abitur keine Vorraussetzungen hatte, wurde die eigentliche Arbeit von den Mitarbeitern erledigt. Doch ich bekam durch meine Arbeit bei einer NGO welche zahlreiche verschieden Projekte im Umweltsektor hat einen guten Einblick über Umweltprobleme und wie man mit ihnen Umgehen kann. Außerdem bekam ich einen guten Eindruck davon, wie unterschiedlich die Arbeitsweise in Kambodscha im Vergleich zu Deutschland in  manchen Dingen ist. Da ich die Arbeit dort sehr interessant fand habe ich mich dazu entschlossen mich auch in meiner Zukunft näher mit diesen Problemen zu befassen und Umweltingenieurwissenschaften in Weimar zu studieren. Ich hoffe, dass ich dadurch die Gelegenheit habe auch später oft ins Ausland zu reisen und dort zu arbeiten.

 

Gewohnt und gelebt während der ganzen elf Monate habe ich bei einem Mitarbeiter der NGO und seiner Familie. Hier hatte ich ein Zimmer mit eigenem Bad und zusammen mit der Familie nahm ich auch an allen Mahlzeiten teil. Frühstück gab es meist außer Haus in einem Frühstücksrestaurant indem es alle Arten von Nudelsuppe gab.  Doch Mittag und Abendbrot wurde immer zusammen mit der Familie gegessen. Die Familie bestand aus den Eltern, einem 20-jährigen Sohn der schon studierte, einer 11-jährigen Tochter sowie der Schwiegermutter und deren Nichte.  Zusammen mit der Familie verbrachte ich einen Großteil der Feiertage, sowie einige kurze Urlaube in die Provinzen.


In meiner Freizeit versuchte ich möglichst viel Sport zu treiben, was allerdings schwerer war als ich es mir vorstellte. Denn in der Hauptstadt gibt es kaum Sportplätze oder Flächen auf denen man Sport treiben könnte. Zu Beginn spielte ich nach der Arbeit mit einigen Kollegen Tischtennis. An anderen Tagen ging ich mit meinem Gastvater in ein Fitnessstudio. Hier wurde ich schon nach kurzer Zeit von einigen Kambodschanern angesprochen welche mich  einluden mit ihnen Fußball zu spielen. Dadurch begann ich, jeden Sonntag mit einer Kambodschanischen Freizeitmannschaft gegen die Mannschaften verschiedener Unternehmen und Organisationen zu spielen. Nie zuvor habe ich so freundliche und neugierige Menschen gesehen wie hier. Sie wollten alles über das leben in Deutschland wissen und ich habe von ihnen eine Menge über das Kambodschanische leben erfahren, was ich durch Arbeitskollegen wahrscheinlich nie gelernt hätte.


Fabian G.

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